im juni begann langsam ein sehr vorsichtiger konzertbetrieb in einigen kleinen wiener venues, im juli folgte der selbstversuch. ein turbulenter abend.

es war schon etwas surreal: nach wochenlangem, pandemie-bedingten rückzug wollte ich endlich wieder einem konzert mit anderen menschen beiwohnen, und es klang für mich einerseits wie der himmel auf erden und andererseits wie die sichere virenhölle. deswegen beschloss ich dieses unterfangen sehr spontan; denn hätte ich einen konzertbesuch geplant, hätte dieser wohl nie stattgefunden vor lauter angst und grübelei. ich habe mich also selbst ausgetrickst.

überpünktlich kam ich beim orf radiokulturhaus an, dem ort, an dem das radiofestival stattfinden sollte. ich war etwas nervös: wie würde denn das alles nun funktionieren, mit all diesen sicherheitsbestimmungen? ich, natürlich inklusive mund-nasen-schutz, „hangelte“ mich von person zu person weiter, musste alles (inklusive handtasche) bei der garderobe abgeben und stand dann vor den türen des konzertsaales, nur mit eintrittskarte, handy und garderoben-zettelchen in der hand. einlass wurde nur durch eine bestimmte tür gewährt und als ich schließlich meinen platz erreichte, atmete ich erst mal durch. also mehr oder weniger. ich wollte meine maske nicht unbedingt abnehmen, ich fühlte mich viel zu unsicher dafür.

kurz bevor es los ging kam dann die durchsage zu den weiteren sicherheitsbestimmungen, die mir weltuntergangsgefühle bescherte. ich konnte mich kaum bewegen, nicht mal als die erste band „the erlkings“ startete. ich saß wie angewurzelt in meinem weichen sessel und wagte es kaum tief zu atmen, aus angst, ich könnte irgendwelche herumschwirrenden viren einatmen. dass sich dieser erste pandemie-konzertabend alles andere als entspannt gestalten würde, ist wahrscheinlich bereits jetzt klar.

vor lauter anspannung konnte ich dem treiben auf der bühne gar nicht wirklich folgen – „the erlkings“ waren von ö1 beigesteuert worden, hatten fröhliche gesichtsausdrücke und wahrscheinlich auch fröhliche musik im gepäck, aber ich war zu sehr mit meiner angst beschäftigt. ich dachte über belüftungssysteme nach und in welche richtungen meine mitmenschen im saal wohl atmen würden. ich dachte an alles, nur nicht daran, mich zu entspannen und die musik auf mich wirken zu lassen.

erlkings1

zwischen den konzerten gab es kleine moderationen und eingespielte interviews – dies ließ mich aber nur weiter verzweifeln. ich wollte den abend schnell hinter mich bringen, und nicht in einem geschlossenen raum während einer pandemie mit einer horde menschen auf einen bildschirm starren. ich war so verunsichert und verängstigt, dass ich mehrmals daran dachte, nachhause zu laufen. gleichzeitig wollte ich aber auch noch die anderen künstler sehen. es war alles andere als leicht.

irgendwann stolperten „pauls jets“ auf die bühne (von fm4 beigesteuert), doch die konnten mein wohlbefinden auch nicht verbessern. der auftritt war wahrscheinlich ganz gut, ein bisschen chaotisch und wild – aber meine erinnerung ist unter einem dichten angst-nebel versteckt. ähnlich war es dann auch beim dritten und letzten konzert von ö3-act „mathea“ – sie hüpfte motiviert übers parkett und animierte auch viele anwesende aufzustehen, mitzusingen und auch ein bisschen mitzutanzen. in meinem kopf aber ratterte es: „seid ihr alle wahnsinnig, wie könnt ihr denn mitsingen, beim singen kommen ja noch mehr viren aus euren mündern!“ ja, offensichtlich war ich auch gegen ende immer noch hoffnungslos unentspannt.

paulsjets1
mathea2

es war kein wunder, dass ich nach diesem konzertabend sofort zur garderobe stürmte und meine sachen holte. zusätzlich hinterließ ich wohl als einzige meine kontaktdaten, aber ich war der festen annahme, dass ich wegen einem cluster informiert werden würde (dem war natürlich schlussendlich nicht so, weil die sicherheitsbestimmungen optimal waren). nach der ganzen aufregung ging ich schlussendlich zu fuss nachhause statt die öffis zu nehmen. um runter zu kommen und auch über den abend zu reflektieren: für mich stand fest, dass ich geschlossene räume jedenfalls bis zum ende der pandemie meiden werde. eine weitere achterbahnfahrt der angst will ich nicht nochmal erleben.

Diese Website benutzt Google Analytics. Bitte klicke hier wenn Du nicht möchtest dass Analytics Dein Surfverhalten mitverfolgt. Hier klicken um dich auszutragen.