vom hardcore-schlagzeuger zum klassik-pianisten: „olafur arnalds“ faszinierte mit seiner musik und auch mit seinem eigensinnigen humor im wiener konzerthaus.

zuallererst: mein wissen über den multiinstrumentalisten „olafur arnalds“ aus island war gering, ich war eigentlich nur dem hype gefolgt, der sich in meinem umfeld zusammengebraut hatte. die entscheidung, seinem auftritt beizuwohnen, war eine sehr rasche und eine sehr leichte, denn gerade klavier-betonte konzerte sind in diesem prunkvollen, großen saal im konzerthaus immer besonders schön zu begutachten. ja, und deswegen musste ich hin. und zugegeben: irgendwie fühlt man sich auch ein stück erwachsener, wenn man sich stilvoller als sonst kleidet und ein klavierkonzert in so einem prächtigen gebäude besucht.

der unruhige wirbel im saal legte sich glücklicherweise schnell, als die lichter ausgingen und olafur arnalds gemeinsam mit seiner band die bühne betrat. die band war keine herkömmliche band, sondern bestand aus vier streicher und einem schlagzeuger. und diese hatten die ehre, arnalds zu begleiten. zu beginn drehte er erstmal an einem regler und stellte sich vor. er kündigte sich selbst an, und vielleicht war es genau das, was ihn sofort menschlich werden ließ. viele musiker sind nur seelen, die in ihrer eigenen welt leben, olafur arnalds öffnete sich schon am anfang seinem publikum und stellte sich somit auf eine stufe mit den anwesenden. das war sympathisch, und erleichterte mir persönlich auch den zugang zu seiner musik.

alles begann sehr diffus, langatmig, mit pausen und aufbrausenden stellen. sein simples outfit, seine attitüde, ließen das starre klavier- und synthesizerspiel weich und jünger werden. er beugte sich, er lehnte sich zurück, er erhob seinen kopf, und er senkte ihn auch wieder. seine bewegungen passten sich der musik an, und trotzdem war am anfang nicht ganz klar, wohin die reise geht. es lag noch unruhe in der luft, es dauerte, bis dieses gemisch aus klassik und elektronik seine wirkung entfalten konnte.

„re:member“ heißt sein aktueller tonträger und namensgeber der tour, die ihn an jenem abend auch ins konzerthaus führte. als ich irgendwann am ende des zweiten drittels richtig in meinem sessel versinken konnte, begann ich auch ein bisschen wegzudriften. die soundlandschaft zog mich in ihren bann, obwohl ich nicht erwartet hätte, dass mir das passieren würde. die wellenartigen songs prasselten nur so auf mich ein, durchnässten mich bis auf die unterste hautschicht. erinnern werde ich mich dennoch eher an die geschichten, die er von sich gab. er erzählte zum beispiel von seiner großmutter, und dass sie nie verstand, warum er in hardcore-bands schlagzeug spielte. die songtexte waren ja kaum hörbar und das schlagzeug ein eher wenig klangvolles instrument. seiner großmutter zuliebe, begann er am klavier zu komponieren, und: er schrieb ihr auch ein lied. eines, welches sie verstehen würde, eines, welches ihr gefallen würde, wäre sie noch am leben.

es war schon ein bisschen herzzerreissend, als er da vorne stand und erzählte. er erzählte auch, wie sehr sich seine musikerkollegen in der band auf diesen auftritt gefreut hatten, weil sie alle unbedingt einmal in diesem schönen konzerthaus auftreten wollten. er selbst meinte, er habe leider davor noch nie etwas von dieser spielstätte gehört – und das sagte er so trocken heraus, und auch mit einem hauch ehrfurcht, dass ihm sofort verziehen war. wichtiger war ohnehin, dass mit jedem fünkchen mehr wissen über ihn, seine songs ganz anders bezauberten. die zwei „geister-pianos“ summten ihre eigenen melodien, während die streicher ganz behutsam ihre töne drüberlegten, aber manchmal auch mit solo-einlagen den ganzen saal zum strahlen brachten. nochmehr brachte aber eine weitere geschichte von arnalds das publikum zum strahlen, nämlich die seiner instagram-„sucht“ und einem erlebnis in asien am neujahrstag, als „das internet abgedreht wurde“.

vielleicht fühlte ich mich dank seiner anekdoten immer mehr mit seiner musik verbunden, weil er trotz seiner musikalischen begabung mit den gleichen alltagsproblemen wie zum beispiel social-media-reizüberflutung zu kämpfen hat. dieser aspekt, gemischt mit klassischer klaviermusik, elektronischen elementen und der hingabe der streicher erzeugten gemeinsam etwas ganz eigensinniges. diese eigensinnigkeit dürfte es wohl sein, die viele schon früh erkannt haben und ihn deswegen zurecht in den himmel lobten. der hype ist jedenfalls real, und auch wenn ich mal wieder viel zu spät auf den zug aufgesprungen bin, habe ich noch rechtzeitig erlebt, wie das publikum im ausverkauften konzerthaus am schluss aufstand, lautstark applaudierte und völlig ergriffen nach weiteren zugaben von olafur arnalds verlangte. diese bekam die menschenmenge natürlich auch und das kribbeln im ganzen körper war für diesen abend nicht mehr zu ignorieren.

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