warum „frank turner“ vermutlich der freundlichste musiker der welt ist und warum er auch kürzlich ohne provokation eine verdammt gute show liefern konnte.

ich war nie wirklich frank-turner-fan. er signalisierte mir immer viel zu wenige ecken und kanten, und lächelte auch immer so überfreundlich. das irritierte mich. vielleicht, weil ich viel zu viele böse musiker und innen kenne, und frank turner in dieses bild – wie ein musiker in einer hass-erfüllten welt zu sein hat – einfach nicht reinpasst. aber ich wollte ihm und auch mir noch eine chance geben – und deswegen schlenderte ich am nationalfeiertag ins gasometer um seinen gig zu begutachten.

die konzerthalle war gefüllt, aber nicht vollgestopft. wir konnten uns relativ weit vorne einen guten platz sichern, samt bewegungsfreiheit. eine sehr gute voraussetzung für einen entspannten konzertabend. „frank turner“ startete gemeinsam mit seiner band „the sleeping souls“ den auftritt – der eröffnungssong nannte sich „don’t worry“. einige zeit später dann seine erste ansprache, welche regeln es für dieses konzert gibt: „don’t be an asshole!“ sagte er. das sollte sich machen lassen – kein arschloch sein während der „be more kind“-tour. freundlichkeitsüberdosis.

„recovery“ dröhnte gleich als vierter song durch die boxen, die publikumssuppe kochte zum ersten mal so richtig auf. der immer grinsende frank mit dem teddybären-gesicht freute sich und fügte hinzu, dass dieser abend ein punkrock-abend sei. bis der punkrocker aus ihm heraus brach dauerte es aber noch eine ganze weile. zwischenzeitlich präsentierte er mit seiner band hits und lückenfüller aus seinem repertoire. aber immer mit dieser ganz besonders freundlichen note oben drauf. es war, als würde man essen serviert bekommen, das man eigentlich nicht mag, aber weil die lieblinsschokolade ebenfalls immer bestandteils des menü ist, kann man es halt einfach nur mögen. frank turner ist also sowas wie lieblingsschokolade.

inmitten des sets schlich sich ein solo-part von turner ein: ganz allein trällerte er samt gitarre und konnte auch ohne band im rücken überzeugen. vielleicht war es aber auch die geschichte über seine ellenbogen-innen-tattoos, die begeisterte. als die band schließlich wieder auf die bühne zurückkehrte begann frank turner seine punkruck-körperkontakt-offensive: zunächst stützte er sich nur bei helfenden händen ab und sang lehnend in die menschenmenge hinein, dann aber ging er eine runde crowd-surfen, weil warum nicht? einige pogotänzte und circle pits später wurde schließlich ein riesiger leerer kreis gebildet, in dem sich turner einfand und eine dame zum tanz aufforderte, ehe schließlich alle gemeinsam mit diesem freundlichen sänger herumtänzelten.

am schluss war es dieser zugabenteil von vier nummern, der nochmal alles aus den besuchern rausholte. viele mitgesänge und tosender applaus, viele begeisterte menschen im zuschauerbereich und ein überglücklicher frank turner auf der bühne. alles fügte sich so hervorragend zusammen, alles war so stimmig, und alle menschen waren so freundlich. mit dieser show verlieh sich der sänger nicht nur den titel „freundlichster musiker“ der welt, sondern bewies auch, dass allein durch nette gesten eine show bombastisch werden kann.

ich war jedenfalls überrascht, dass ich herrn turner am ende doch nicht mehr so unfassbar spießig fand, sondern seine einstellung im bezug auf das miteinander sehr vorbildlich fand. es muss schließlich nicht jeder offensichtlich provozieren und vielleicht ist freundlichkeit in der heutigen zeit noch eine viel größere form der provokation – sie bringt die menschen nämlich zum nachdenken.

Frank Turner, 2018
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