ein aufgebot an internationalen musikgrößen in gartenparty-atmosphäre – so präsentierte sich das ahoi! the full hit of summer festival auf der linzer donaulände.

das diesjährige festival auf der donaulände in linz betrachtete ich dieses mal aus einem völlig anderen blickwinkel. denn unter meiner festivalbagage befand sich auch ein rollstuhlfahrer. wie das eigentlich mit eingeschränkter mobilität ist, wie barrierefrei sich solche großevents gestalten – darüber hatte ich noch nie nachgedacht. es wurde also zeit, sich damit zu beschäftigen.

wir reisten mit dem auto an, obwohl das auf anraten des veranstalters nicht empfohlen wurde. aber aufgrund rollstuhl-mitnahme und bequemlichkeit bezüglich dem nächtlichen heimfahren wollte wir nicht darauf verzichten. schon beim ankommen in linz dann das erste „problem“. wo kann man denn möglichst nah parken, inklusive dem luxus barrierefrei die parkmöglichkeit verlassen zu können? die tiefgarage unter dem hauptplatz in linz sah vielversprechend aus. inklusive lift an die oberfläche, hatten wir fast schon einen glückstreffer gelandet. der preis war zwar überdimensional (maximal 20 euro pro tag, sagte das schild) aber besser als eine halbe ewigkeit in der stadt herumzugurken. und so waren wir in windeseile und dank rampe ziemlich schnell am ort des geschehens.

unser rollstuhlfahrer ist zum glück nur vorübergehend in seinem fahrbaren untersatz gefangen und konnte zumindest auf einem bein hüpfen – ein toilettengang aufs dixi-klo war also kein problem. aber wie sich ein wc-besuch sonst gestaltet, wollte ich mir gar nicht ausmalen. wie auch immer – wir waren endlich angekommen und „daep vally“ begannen gerade mit ihrem set. die zwei damen aus kalifornien rockten reduziert dahin, mit jeder menge blues und ähnlichkeiten zu den black keys. das fand ich schön. was ich ebenfalls schön fand, war die coole attitüde und die mähnen der beiden, welche lässig durch die luft gewirbelt wurden.

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unser freund im rollstuhl befand sich neben und nicht in der „wheelchair-area“. denn diese area war mit (werbe)banner abgedeckt und sorgte etwas für sichteinschränkung. ausserdem war nebenan noch viel platz und gute sicht und womöglich war das gefühl „daneben“ auch ein bisschen zugehöriger zum restlichen publikum.

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ich mag es sehr gern, wenn es auf einem festival nur eine bühne gibt. man kann nämlich nichts wegen überschneidungen oder ähnlichem verpassen. die umbaupausen kann man zum quatschen nutzen oder sich essen und trinken holen. der soziale charakter ist viel größer, menschen kommen eher ins gespräch, als wenn sie von einer zur nächsten bühne sprinten. vielleicht mag ich deshalb das ahoi! the full hit summer festival so gerne.

der nächste act, den wir nicht-verpassten: „moses sumney„. ein weiterer künstler im line-up von dem ich vorher noch nie etwas gehört hatte. nun frage ich mich: warum eigentlich? ähnlich wie benjamin clementine hatte er mächtig soul in petto. mit loop-station ausgestattet und einer band im rücken verdichtete er seine musik, die wunderbar zu diesem kühlen sommertag passte. sich etwas anderem widmen war gar nicht möglich, so einnehmend performte der künstler aus los angeles.

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der nachteil am rollstuhl: die blickwinkel-möglichkeiten sind mehr als eingeschränkt. lediglich oberhalb der böschung, auf dem asphaltierten weg, konnte sich unser freund bewegen. näher zur bühne zu gelangen wäre eine aufwendige prozedur gewesen. ich selbst vergas leider immer wieder, dass er teil unserer gruppe war und nicht die optionen hatte, die wir während dem festival hatten. das stehen inmitten der menschenmasse, direkt vor der bühne, das herumspazieren und begutachten der band von mehreren standorten… von all dem konnte unser freund mit dem fahrbaren untersatz nur träumen. und das tat mir leid. trotzdem musste ich bei der nächsten formation wieder nach ganz vorne, weil ich mich langsam aber sicher zum fan entwickelte. „chvrches“ hieß die gruppe rund um sängerin lauren mayberry, die als co-headliner fungierten.

die elektropop-band war erwartungsgemäß powervoll unterwegs. nur irgendwie wollte sich diese energie nicht so wirklich auf das publikum übertragen. dass lauren die assoziation einer „gartenparty“ hatte, und die geringe menschenanzahl mittlerweile eher unüblich für die gruppe aus glasgow war, ist nachvollziehbar. dennoch hätte ihr das publikum den gefallen tun können, und den anschein erwecken können, dass es sich nicht um eine pensionisten-feier sondern um eine american college party handelte. nächstes mal dann. hoffentlich.

und am schluss passierte etwas, das wahrscheinlich völlig unverdient in linz zu tage kam: ein duett von lauren mayberry und matt berninger von the national. der hit „my enemy“ wurde zum allerersten mal live performt. eine weltpremiere und ein wahres highlight für fans. ein nice-to-have für den rest der anwesenden.

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als „the national“ am primavera sound festival in barcelona ihr letztes lied dem verstorbenen scott hutchison widmeten, kullerten mir die tränen nur so übers gesicht. ob der auftritt der band in linz ebenso emotional und samt widmungen über die bühne gehen würde? das waren meine fragen an mich selbst.

das konzert begann und meine hoffnungen auf einen gig, der mich umhaut, waren groß. aber so einfach war das nicht, denn technische probleme dürften sich von anfang an eingeschlichen haben, immer wieder waren techniker on stage. unstimmungkeiten hatte ich aber zu diesem zeitpunkt nicht gemerkt und war eher erfreut, dass ich den dritten song „the system only dreams in total darkness“ so richtig inhalieren konnte.

matt berninger stürzte erwartungsgemäß mehrere male ins publikum, die songs gingen durch mark und bein. ich genoss jeden einzelnen ton, und ignorierte ein bisschen die schlechten manieren des sängers. aber irgendwann war es kaum mehr zu übersehen und zu überhören, dass er mächtig betrunken sein musste, das mikrofon unkontrolliert durch die gegend wirbelte und offenbar auch einfach sehr viel blödsinn redete. ein weiteres mal machten sich technikprobleme bemerkbar und ein ganzer song wurde gestrichen.

wunderschöne visuals und die nahbarkeit berningers machten alles wieder wett. zumindest fast alles. eine viertel stunde vor offiziellem schluss wurde das konzert beendet. keine zugabe, keine nette schlussrede. es war einfach aus und vorbei. keine tränen, keine lieblingssongs und irgendwie auch keine seele. so sehr ich einige teile des sets feierte: am ende fühlte sich das ganze unterfangen trotzdem eher unvollständig an.

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The National, 2018
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The National, 2018

der abend war noch nicht vorbei. alle, die am nächsten tag keine oder erst sehr spät startende verpflichtungen hatten, versammelten sich im bruckner haus. dort musizierten gerade „anger„, und auch wenn ich die band bis auf weiteres eigentlich ignorieren wollte, waren sie als hintergrundmusik diesmal sehr hörbar, ja vielleicht sogar richtig gut. vielleicht war die location für die band auch genau das richtige. wer weiß.

der grund meiner anwesenheit war allerdinge die gruppe „young fathers„, denn es gibt keine band, die so explosiv und mitreissend ist, wie diese dreiköpfige power-formation. meine erwartungen waren groß, und noch größer war die enttäuschung als die band einen sound aufs auge gedrückt bekam, der ihnen so gar nicht entsprach. dumpf und abgeschwächt, verloren und trotzdem klirrend laut: diese location war nicht würdig für einen young fathers auftritt. es tat so weh, zu wissen, dass sie in anderer umgebung soviel mehr zeigen könnten. mein herz und vor allem mein gehör wollten nicht mehr mitmachen. gemeinsam mit unserem tapferen rollstuhlfahrer ging es auf die reise richtung heimat, richtung wien – allerdings mit hindernissen: einen barrierefreien nacht-zugang zur parkgarage gab es nicht. insofern muss man abschließend sagen: ein leider nur fast optimales festival für rollstuhlfahrer.

dennoch und trotz aller strapazen: es war ein schöner tag und insgesamt war es auch wohl eines der besten und qualitativ hochwertigsten indie-festivals des landes. ich komm nächstes jahr definitiv wieder!

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