auch der zweite tag auf dem glastonbury festival war ein auf und ab: zwischen unangenehmer hitze und songbedingten wohlbefinden, zwischen langeweile und entertainment, zwischen unerfüllter erwartungen und umwerfender überraschungen – alles war möglich und nichts war vorhersehbar.

ich hatte die erste nacht im zelt überraschend gut überstanden. zwar war mir mitten in der nacht einmal wirklich furchtbar kalt, aber ein pullover und eine haube haben abhilfe geschaffen. dank einer sogenannten „air mat“ hatte ich auch keine rückenschmerzen oder ähnliches – ja mir ging es eigentlich richtig gut. nach dem zähne putzen und einer katzenwäsche frühstückte ich erst mal und bereitete mich auf den tag vor.

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wir machten uns bereits um halb 11 auf den weg zur other stage – die zweitgrößte bühne auf dem glastonbury festival. die erste band des tages waren nämlich keine geringeren als „the vaccines„. habt ihr schon mal vormittags ein konzert besucht? ich selbst kann mich eigentlich nicht daran erinnern, das schon mal getan zu haben und hatte dementsprechend ein bisschen mühe, mich so früh zu motivieren, zuzuhören und mitzuwippen. die sonne brannte vom himmel und irgendwie benötigte ich koffein und zucker, um mal richtig wach zu werden. ausserdem tränten meine augen die ganze zeit – ob das wegen der aufgeschütteten holzspäne vor der other stage oder wegen der hitze war, konnte ich nicht beurteilen.

wie auch immer – ich versuchte die weiß-schwarz-gekleidete gruppe auf der bühne zu beobachten und irgendwie konnten sie mich mit ihrem einwandfreien indie-rock trotzdem nicht so richtig begeistern, wie ich es mir gewünscht hatte. und irgendwie war ich mit meinen gedanken auch ganz wo anders, denn ich hatte eine weitere wichtige mission zu erledigen: die steel-bottles, welche wir um 10 pfund pro stück gekauft hatten, mit wasser aufzufüllen. die schlangen an den refill-stationen waren überall unendlich lang, beim nächsten bühnenwechsel wollte ich sie aber endlich auffüllen. stay hydrated und so.

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wir hatten eine große auswahl an konzerten, die wir uns als nächstes ansehen hätten können. schließlich einigten wir uns auf die beste option: zur 20-minuten-entfernten john peel stage zu gehen. das gute daran war, dass diese stage eigentlich ein riesengroßes zirkuszelt war, welches an den seiten offen und mit kühlen luftzügen gesegnet war. während mein freund sich in die vorderen reihen begab, setzte ich mich weiter hinten in die grüne wiese und konnte auf meinem schattigen, gut durchlüfteten platz endlich eine hitzepause einlegen. ich trank ein koffein-getränk, hörte und sah die band „pip blom“ und fühlte mich rundum wohl.

apropos pip blom: die frontfrau war richtig cool und wirbelte herum und verpasste mit ihrer ungezügeltheit dem garage-indie genau das richtige erscheinungsbild. ich genoss es richtig der musik zu lauschen und stellte für mich fest, dass genau so der perfekte festivaltag für mich beginnt: herumlungernd in der wiese samt angenehmen temperaturen und einem aufputschenden getränk zum aufwachen. ich war im festivalhimmel.

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wir standen einmal mehr vor der qual der wahl: eigentlich hatte mein freund einen umfangreichen plan ausgearbeitet, aber dieser plan hatte viele überschneidungen und viele zeitgleiche konzerte inkludiert. wir mussten uns immer wieder neu entscheiden und ich schlug die sichere variante vor: „“ auf der other stage. und tatsächlich führte unser nächster weg genau dort hin. wieder tränten meine augen bei den holzspänen, aber daran konnte ich nichts ändern, sondern es einfach nur ertragen. glücklicherweise lenkte mich mø tatsächlich von allen wehwechen ab – ihre positive ausstrahlung und die tanzbaren songs katapultierten mich in eine sehr gute stimmung. auf mø ist einfach immer verlass.

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zugegeben, wenn ich die wahl habe, schaue ich mir auf festivals immer künstler an, die ich noch nie gesehen habe. mein freund ist da anders gestrickt: wenn er die wahl hat, dann entscheidet er sich meistens für künstler, die er richtig toll findet, auch wenn er diese schon 20x gesehen hat. diese meinungsverschiedenheit führte wieder zu etwas unmut meinerseits, und im nachhinein betrachtet war das natürlich ziemlich dumm von mir. ich verstand jedenfalls in jenem moment nicht, warum wir uns „tom odell“ auf der pyramid stage ansehen müssen, obwohl wir ihn erst vergangenen herbst im gasometer erlebt haben. auch bei den „wombats“ auf der other stage war ich mir nicht sicher, ob ich sie sehen will – ich liebe zwar ihre musik, aber ihr konzert im februar im gasometer war immer noch präsent in meinem kopf, ich musste die gruppe wirklich nicht schon wieder sehen. natürlich hätte ich auch allein losziehen können und mir andere bands ansehen können – aber ich fühlte mich immer noch ein bisschen verloren auf dem riesigen, dichtgedrängten gelände. also begleitete ich meinen freund und ärgerte mich gleichzeitig über mich selbst, dass ich die zeit nicht genießen konnte, sondern ich mich immer wegen nichtigkeiten aufregen musste.

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die other stage entwickelte sich zu der bühne, bei der wir uns am meisten aufhielten. die refill-station gleich nebenan war gerade nicht so stark frequentiert und ich konnte endlich unsere steel-bottles mit wasser auffüllen, während mein freund ein paar nummern von „mac demarco“ inmitten der menschenmenge begutachtete. ich jedoch, konnte mich der bühne nicht weiter nähern – ich mag mac demarco einfach absolut gar nicht, weder seinen humor noch seine musik. sicherheitsabstand war absolut notwendig.

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wir spazierten wieder zur john peel stage – meiner absoluten lieblingsbühne, wenn es um schattige plätze bei zuviel sonneneinstrahlung ging. mittlerweile hatte ich mir zwar eine kopfbedeckung (die ersten sonnebrand spuren auf der kopfhaut waren zu erkennen!) gekauft, aber besser zuviel schatten als zu wenig. „pond„, das nebenprojekt von tame impala, war auf der zirkuszeltbühne als nächstes dran mit der bespaßung und in sachen ausdruckstanz wurde diese anforderung auf alle fälle erfüllt. pond war eine nette nachmittagsband, für mehr fehlte mir basslastiger tiefgang.

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irgendwann zwischendurch legten wir einen zwischenstopp bei einem essensstand ein (ich hatte lasagne mit salat und knoblaubrot, yummy) – der vollständigkeit halber muss ich das an dieser stelle erwähnen. auch weil ich eine gewisse erleuchtung erlangte: während dem festival lernte ich mich nämlich ein stück besser kennen. die tatsache, dass ich zu bestimmten zeiten energie in form von nahrung und getränken brauchte, war mir noch nie so bewusst. kaum hatte ich gespeist, war meine stimmung auch wieder am steigen. aber nicht nur deswegen: ich war auch richtig glücklich weil mein freund vorschlug zur williams green stage zu gehen – diese war zwar ziemlich weit entfernt, aber ich freute mich endlich eine neue ecke des festivals zu erkunden. essen, trinken und neue gebiete erforschen – so macht man mich offensichtlich glücklich.

das gelände rund um die williams green stage war eine wahre wohltat: es waren nur wenige menschen anwesend, es gab vergleichsweise mehr sitzgelegenheiten als bei anderen bühnen und die nächste band stand schon in den startlöchern: „haelos„! die trip hop band aus london verwunderte mich schon beim ersten song, denn diesen kannte ich bereits aus dem österreichischen lieblingsradio. und somit stellte sich wieder enormes wohlbefinden ein. und auch das lernte ich im zuge des festivals: wenn immer mir ein song vertraut war, oder sich einfach vertraut anfühlte, war ich gleich viel lieber an ort und stelle. btw: dieses phänomen kann übrigens wissenschaftlich belegt werden, das habe ich zumindest im buch „how music can make you better“ gelesen.

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wir blieben bei der williams green stage, zum einen weil einige weitere sehr gute bands folgten und zum anderen, weil es wirklich eine kleine, stille oase war. nach der überforderung am vortag war ich froh nicht wieder den ganzen tag in menschenmassen zu baden, sondern in einer kleinen ansammlung von musikbegeisterten einige sehr gute künstler zu sehen. als nächstes waren „sunflower bean“ an der reihe – und es war ein unheimlich reizender auftritt (im wahrsten sinne des wortes). dass niemand die augen von der blondine lassen konnte, lag auf der hand, als sie sich auch noch für ein gitarrensolo in den zuschauerbereich lehnte, waren die anwesenden ziemlich am ausflippen. zurecht!

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ich freute mich wirklich schon sehr auf „let’s eat grandma„, aber tontechnik-probleme verzögerten das konzert um 20 minuten und meine geduld wurde auf die probe gestellt. kleine ansagen zwischendurch machten die beiden damen aber unfassbar sympathisch und stimmten mich wieder positiv.

und was dann kam hatte ich absolut nicht erwartet: ja, lets eat grandma lieferten wohl einen der beeindruckendsten auftritte überhaupt. warum? weil sie nicht nur nett lächelten und sangen, sie hatten ganze performances einstudiert, legten sich auf den boden, spielten saxophon, flöte und gitarre zusätzlich zu den synthesizern und hauchten so jeden einzelnen song ein ganz eigenes leben ein. ich dachte ständig nur „wow“ und war unfassbar froh, gerade zur richtigen zeit am richtigen ort zu sein.

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nach diesen drei wirklich sehr guten konzerten machten wir uns wieder auf den weg zur other stage. wir gingen eine andere strecke und kamen bei der west holts stage vorbei, auf der gerade „jorja smith“ sang. auch hier musste ich für einen mir vertrauten song kurz stehen bleiben und lauschen. ausserdem ist genau das mein liebstes festivalszenario: über das gelände spazieren und irgendwo einen guten song hören, ihm immer näher kommen und das ende des songs voll und ganz genießen.

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nachdem wir den riesengroßen greenpeace-baum passierten kamen wir auf eine straße, welche wieder eine ansammlung von unzähligen menschen mit sich brachte. alle hatten das gleiche ziel: den „tame impala“ gig auf der other stage. wir waren wirklich schon einige zeit vor beginn bei der besagten bühne, aber platz war bereits mangelware. immer mehr leute drängten aufs gelände und bald wurde uns klar, dass es richtig richtig voll werden würde.

„let it happen“ schallte aus den boxen und ich erwartete unglaublich viel. doch sehr bald machte sich ernüchterung breit: meistens konnte ich aufgrund meiner größe gar nicht bis zu bühne sehen und wenn ich die bühne mal sah, war die band im nebel versunken. die visuals hatte ich mir viel pompöser vorgestellt und war enttäuscht – vermutlich hätte ein windows-bildschirmschoner von vor 20 jahren für mehr entertainment gesorgt. die hits plätscherten eher seicht dahin, statt einen richtig zu fassen. ja, vermutlich waren die meisten besucher deswegen so begeistert, weil sie substanzen intus hatten und deswegen alles ganz anders wahrnehmen konnten, für mich als nüchterne person war der auftritt aber ziemlich mittelmäßig.

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wir entschieden noch einen abstecher zur park stage zu machen, um ein paar songs von „cat power“ aufzuschnappen. und was soll ich sagen: das war eine sehr gute idee! ein funkelndes lichtermeer umrahmte die bühne und den auftritt, autotune-balladen klangen nie schöner. perfekt zum runterkommen, perfekt um den tag abzuschließen. in partylaune waren wir nach dem cat-power-konzert natürlich nicht, aber muss man das unbedingt jeden tag sein? viel eher erledigten wir noch einen weiteren programmpunkt, passend zu unserer stimmung: am heimweg zu unserem zelt, und irgendwo neben der john peel stage, befand sich ein kleiner wald mit allerlei licht-installationen und einer versteckten theater-bühne. wir gingen dort noch ein bisschen spazieren, und konnten danach völlig geerdet die nächste nacht im zelt antreten.

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