der vierte und letzte festivaltag auf der reeperbahn brachte nochmal haufenweise programm. etwas anstrengend für die müden gesichter, die sich zu den venues schleppten, die letzten kräfte aktivierten und das letzte fünkchen ekstase hervorkramten um den abschluss gebührend zu zelebrieren.

aus erfahrung weiß ich: am letzten festivaltag sollte man sich nicht zuviel vornehmen und wenn, dann nur gemütliche dinge, bei denen man sich nicht allzuviel bewegen muss. mein tag startete mittags bei einem panel über die musikwirtschaft in deutschland. berieseln lassen lautete meine devise und vielleicht was neues lernen. danach fuhr ich mit dem bus zur elbphilharmonie, dort erwartete mich eine führung, die ebenfalls viel herumsitzen und schauen beinhaltete. und dann stand die verleihung des anchor award am plan – in einem theater sitzen, die show ansehen, essen und trinken. es war einfach perfekt. besser hätte mein nachmittags/abend-programm gar nicht sein können.

konzerte? ah ja, genau, wegen konzerten war ich auch auf dem reeperbahn festival. mein must-see an diesem tag oder besser gesagt abend war „oscar and the wolf“ im docks. ich hatte den gelenkigen frontmann samt band bereits 2015 in london gesehen und musste dieses grandiose konzert unbedingt auffrischen. gesagt, getan. also mehr oder weniger.

ich war müde, etwas angeheitert dank der frinks während dem anchor award und hätte mich am liebsten vor die bühne gelegt um das ganze spektakel in einer horizontalen position zu genießen. aber das wäre wohl zu assi rübergekommen. also hielt ich durch. und schon der erste move von sänger max colombie ließ mich alle müdigkeitsanzeichen vergessen. wie man sich nur so bewegen kann, soviel pure leidenschaft in jeden einzelnen song packen kann. ich war verblüfft, wieder mal.

dank airplay bei meinem lieblingsradiosender kannte ich auch mehr nummern, als ich vermutete. und wenn man etwas kennt, fesselt es einen noch mehr schon allein wegen dem mitsingfaktor. etwas später ging ich dann weiter nach hinten, genoss den satten, tiefen bass, der bis in den letzten winkel der docks kroch und war wie auf wolken, wunschlos glücklich und sogar auf bestem wege richtung tiefenentspanntheit.

Oscar and the Wolf, 2017
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aber dann wurde ich geweckt. raus aus meinen trance, rein richtung konversation mit einem typen aus kanada. er wollte über die nachfolgende band „portugal. the man“ sprechen. aber was ich von denen halte, konnte man erst kürzlich erfahren. visitenkarten tauschen und abhauen. nächster programmpunkt: „banfi“ im kukuun.

das kukuun ist ein steriler raum mit so gut wie keinem flair. da drinnen etwas zu erschaffen, was mitreissend ist, ist zugegeben ein bisschen schwer. aber ich hatte noch alle hoffnungen, bis… ja bis die band anfing zu spielen. belangloser rock, der sich cool präsentieren wollte, aber in allen vorbereitungen ganz vergessen hat, was cool sein bedeutet. ich hatte viel zu viel erwartet und traf auf gelangweilte gesicher, auf der bühne sowie im publikum.

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was sollte ich als nächstes machen? heimgehen? aber mir fehlten noch highlights. ich hatte noch zu wenig (musikalisch) erlebt an diesem abend. der blick auf den timetable verriet mir dann den ultimativen masterplan. zuerst zu findlay ins terrace hill, danach leoniden im knust. und dort um die ecke wohnte ich. es war perfekt!

findlay“ also. eine englische sängerin von der ich zunächst nicht viel erwartete, die mich aber dann doch ein bisschen aus den latschen kippen ließ. ich fand das zusammenspiel der kratzigen musik, mit ihrer zerbrechlichen persönlichkeit und dem energischen stimmorgan sehr ansprechend. normalerweise verlasse ich einen club sehr schnell, wenn mir etwas zu langweilig und eintönig wird (vor allem bei clubfestivals, wenn es en masse zu sehen gibt), aber irgendwas war da, das mich festhielt. ich wippte mit und wippte mit und wippte mit… es war sogar so gut, dass ich nicht mal das bedürfnis hatte, mal eben raus auf die terrasse zu gehen und frische luft zu schnappen. nein, der aufgeheizte club war mir recht.

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bis zum schluss wollte ich im obersten geschoss des bunkers trotzdem nicht bleiben, ich wollte nämlich wissen was es um den hype bezüglich „leoniden“ auf sich hatte. überall in hamburg klebten ihre plakate und ich hatte von einigen seiten bereits gehört, dass diese band sehr gut wär. ausserdem war ich noch nie im knust innen drinnen – es gab also zwei gute gründe weiter zu wandern.

ich betrat eine location, in die ich mich sofort verliebte. das knust hatte etwas heimeliges, etwas das dich sofort in den arm nimmt und auffängt. ich wusste, es war die perfekte letzte station für meine reeperbahn-festival-experience. ich sah nur noch 2-3 lieder von „leoniden“, die sich irgendwo zwischen donots, kraftklub, rakede und überraschend viel elektronik-beigemenge bewegten. ein bisschen ärgerte ich mich, dass ich nicht schon früher gekommen war – aber wie sagt man, besser spät als nie. es war wie als wenn ich gerade in eine explosion geplatzt wäre, ein brodelndes gemenge, verschwitzte, feierende menschen, musik, die sich sofort als „sehr gut“ ins gehirn einnistete.

müde aber glücklich verließ ich die location, mit der gewissheit, dass der tag sehr gut geendet ist. dass ich massives halsweh hatte und die darauffolgende nacht nur eine stunde schlafen konnte wegen dem grandiosen gesundheitszustand, das ist dann eine andere geschichte… reeperbahn festival, du warst gut! und zerstörend.

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