jener abend war ein weiterer ablenkungsversuch von einem furchtbaren ereignis – „ratboys“ und „julien baker“ machten ihren job sicher gut, mein kopf war leider nicht wirklich anwesend…
wenige tage nach der todesnachricht (den ersten teil dieser trauerreihe findet ihr hier) war meine welt immer noch tiefgrau. trotzdem wollte ich in die arena, trotzdem wollte ich versuchen, etwas zu spüren, etwas zu fühlen. als ich dann am abend in der konzerthalle stand, umringt von vielen menschen, merkte ich, dass mir eigentlich richtig warm sein sollte. aber mir war schon wieder ganz furchtbar kalt. dieses extreme kälteempfinden hielt schon seit der todesnachricht an. ich fragte mich die ganze zeit, ob das die art und weise war, wie mein unterbewusst sein trauert.. ich hoffte jedenfalls auf musik, auf bewegung, und auf irgendeine positive, wärmende empfindung.
die band „ratboys“ kam auf die bühne und ich sah die bunten lichter und ich hörte die melodiöse, rockige musik. aber da war so eine art schranke in meinem kopf – all das gesehene und gehörte konnte nicht zu meinem gefühlszentrum im hirn durchdringen. wieder stand ich da, konnte wahrnehmen aber nicht fühlen. das einzige gefühl, das sich breit machte war, dass ich mich vom leben verarscht fühlte: zuerst wochenlang diese long-covid-probleme, die dann endlich gut waren und nun konnte ich nichts mehr fühlen, außer traurigkeit. ich stand da und weinte. ich weinte und weinte und weinte. das konnte doch alles nicht wahr sein.
irgendwann war es dann an der zeit für den auftritt von „julien baker„. meine erinnerung daran: grau. alles grau. die musik konnte mal wieder nicht zu meinen gefühlsregionen durchdringen, aber ich weiß dass ich von ihren gesichtsausdrücken, ihrer mimik begeistert war. sie tat soviel mit ihrem gesicht… das schüttelte meine graue welt ein bisschen. vielleicht war mir aber auch wieder nur sehr kalt und ich habe gezittert? ich versank in gedanken, es hätte alles ganz anders sein sollen. mir fiel es so unglaublich schwer die realität zu akzeptieren und dann überkam mich auch schon wieder der nächste heulkrampf.
ich bin dann etwas früher als geplant in die allerletzte reihe zurück gegangen. ich zog mir meine jacke an und war bereit nach hause zu gehen. es machte alles gar keinen sinn, ich hätte genauso auf eine wand starren können, ich hätte das selbe „konzerterlebnis“ gehabt. ich ärgerte mich. ich ärgerte mich so sehr, dass das einzige was mir im leben wirklich freude bereitet, mir im trauerfall einfach nicht hilft. ich wollte keine graue welt mehr, zumindest für die dauer eines konzerts – aber ich musste wohl anerkennen, dass ich mich für die kommende zeit in geduld üben muss…