ein schnulzenkonzert mit erhöhtem unterhaltungsfaktor: „lewis capaldi“ beehrte die halle im gasometer mit seinem wunderbaren humor. und natürlich mit etwas musik.

ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, als mein freund mich anfang des jahres fragte, ob wir zum konzert von „bastille“ gehen wollen, denn der damalige support „lewis capaldi“ solle so gut sein. ich lehnte ab, denn ich mochte mich nicht an den gedanken gewöhnen, eventuell auch bastille anschauen zu müssen (ja, ich mag die band nicht). einige wochen später wurde „lewis capaldi“ fürs glastonbury festival bekannt gegeben und ich wusste, dass sein auftritt bei unserem festivalbesuch ein fixtermin sein würde. gesagt, getan – wir erlebten ein sehr unterhaltsames konzert (hier zum nachlesen) und es war klar, dass wir dieses erlebnis sehr bald wiederholen wollten. und dann wurde sein angekündigter gig für anfang november vom superintimen flex in die mangelhafte gasometer-halle verlegt und für mich brach eine kleine konzertwelt zusammen. aber ich wollte dem spektakel natürlich trotzdem beiwohnen, i mean, lewis capaldi!

wir kamen viel zu spät in die ausverkaufte halle, konnten uns natürlich deswegen auch keine guten plätze sichern und support-künstlerin „donna missal“ erlebten wir nur von weitem und mit miserablen sound. der abend begann alles andere als optimal aber insgeheim hofften wir, dass „lewis capaldi“ ihn retten würde, sobald er die bühne betreten würde. ich meine, es war schließlich lewis capaldi.

der zottelige schotte startete seine audienz mit dem stück „grace“ – und somit hatte er bereits zu beginn alle herzen erobert. die hymne verführte das publikum zu kreischchören, zu verliebten blicken richtung bühnenparkett und zu verwackelten handyvideos. viele töchter waren mit ihren müttern gekommen und alle wippten sie glücklich hin und her. capaldi packte natürlich die richtigen gefühlsgesten aus und sauste von einem zum anderen eck, sodass ihn auch alle sehen (und filmen) konnten.

ja, alles war perfekt, bis auf meine gefühlslage. ich fühlte mich irgendwie ein bisschen alt und nicht zugehörig. aber ist ja auch logisch: die zielgruppe eines sängers – anfang zwanzig, balladen – sind eben junge mädchen und nicht unbedingt alte schachteln über dreissig. und genau aus diesem grund war es mir und meinem freund auch nicht möglich, uns einen besseren platz irgendwo ganz weit vorne zu ermogeln, da wir offensichtlich überhaupt kein recht darauf hatten, weil wir nicht der zielgruppe entsprachen. und so versuchten wir uns ganz hinten neben dem foh hinzustellen, ohne jemanden zu stören. war auch nicht ganz so einfach. was wir während unserer suche nach dem optimalen standort verpasst hatten? dass lewis capaldi sich das handy eines fans schnappte und mit einem jungen mädchen telefonierte. möglicherweise flippten alle ziemlich aus.

eine andere art von ausflippen spielte sich während dem lied „bruises“ ab: gefühlt jeder, inklusive mir natürlich, zückte sein handy um dieses schöne lied einzufangen. ich bin natürlich nicht besser als alle anderen, aber immerhin habe ich nach 30 sekunden wieder aufgehört das konzert durch einen screen zu betrachten. mittlerweile bin ich sehr geübt darin, videobeweise anzufertigen und gleichzeitig das konzert mitzukriegen – das mädchen vor mir dürfte diese gabe nicht gehabt haben. ihre mutter legte ihr immer wieder nahe, mal das handy beseite zu lassen, doch sie musste jede sekunde des konzerts via snapchat mit der welt teilen. ich ertappte mich dann auch irgendwann dabei, dass sich eine gewisse spießigkeit in mir breit machte, und ich ein bisschen genervt war, weil sie ständig mit dem hellen bildschirm ihrer chatverläufe vor meiner nase herumfuchtelte. hach.

richtig, eigentlich wollte ich ja etwas über das konzert ansich erzählen. nun denn: lewis capaldi war äußerst witzig. ich meine damit, wirklich witzig. er machte sich die ganze zeit (also zwischen den schönen balladen) über sich selbst lustig, meinte einmal der lichtkegel über ihn sei kein normales licht, sondern eine himmelsöffnung, erklärte, wie lustig es sei, dem verfolger-scheinwerfer davon zu laufen (und führte es auch prompt aus) und noch vieles mehr (ja alles kann ich mir leider auch nicht merken). jedenfalls kamen immer nach ganz vielen herzschmerzmelodien ganz viele erheiternde momente. und genau das machte das konzert von lewis capaldi so besonders. natürlich, alle sangen bei hits wie „hollywood“ und „hold me while you wait“ mit, aber die herausragende essenz war nun einfach sein unverkennbarer humor.

am ende kamen wir noch in den genuss seines nummer-1-hits „someone you loved“ und das war natürlich ebenfalls noch ein absolutes highlight. glücklicherweise fühlte sich das konzert dank der vielen blödeleien gar nicht so kurz an, trotz wenigen dreizehn liedern auf seiner setlist. und glücklicherweise war es für mich auch ganz okay, herrn capaldi meistens nur winzig klein oder unscharf und verwackelt über handybildschirme zu erleben – gut ist jener künstler, der einem trotz aller umstände einen schönen abend bescheren kann. und das hat lewis capaldi geschafft.

Lewis Capaldi Setlist Planet.tt Bank Austria Halle Gasometer, Vienna, Austria 2019, Divinely Uninspired to a Hellish Extent
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