zwischen sommerfest und strandspaziergang: „beirut“ lieferten ein gemütliches wohlfühlkonzert, ohne fadesse aufkommen zu lassen!

lange war das konzert von „beirut“ im gasometer bereits ausverkauft. was ich darüber denken sollte, wusste ich aber nicht so recht. viele menschen in meiner umgebung erzählten mir, „beirut“ seien live furchtbar langweilig und immer mehr ging ich davon aus, dass ich während dem konzert wohl einschlafen würde. meine ausgangssituation an jenem abend war also fast schon ein bisschen spannend, vor allem im bezug auf meine reaktion.

bevor es mit „beirut“ losging, durften wir, das publikum, zuerst dem support-künstler „helado negro“ lauschen. und: gerne hätte ich auch gelauscht, aber es war so unfassbar schwierig. vor mir, hinter mir, neben mir: die leute waren permanent am quatschen, und es war so laut, dass ich einfach nichts, oder sehr wenig, von der bühne hörte. ich schickte allen rund um mich herum böse blicke, aber sie wollten ihre gespräche einfach nicht beenden. es tat mir so leid für helado negro, vor so einer respektlosen menschenansammlung zu performen. und: mittlerweile befürchtete ich das schlimmste für den weiteren verlauf des abends, nämlich ein fades konzert von beirut und ein immer tratschendes publikum.

und schließlich starteten „beirut“ mit den songs „when i die“, „varieties of exile“ und „no no no“ und alle meine bedenken waren sofort wie weggeblasen. ich war fasziniert von dieser gruppe, vom behutsamen umgang mit den instrumenten und von dieser glasklaren stimme des sängers zach condon, die noch klarer war, als alles was ich bisher in meinem leben gehört hatte. ich war überschwemmt von meinen eigenen, guten gefühlen, und konnte mir gar nicht vorstellen, die amerikanische folkband je mit etwas anderem in verbindung zu setzen. ich fühlte mich geborgen, im kuschelig warmen gasometer.

ich hatte einige gründe, die mich veranlassten, von der vordersten reihe zur allerletzten zu wandern. ich wollte niemanden mit meiner insta-story-und-notizen-mitschreib-sucht belästigen, ich wollte ausreichend platz zum tanzen haben, ich wollte die ganze bühne im blick haben und ich wollte guten sound haben. all das sind attribute die man ganz hinten mittig vorfindet. die letzte reihe wurde es dann nicht, da lehnten schon einige, also machte ich es mir in der vorletzten reihe gemütlich. die kühle lüftung bließ mir wie eine sanfte brise um die nase und „santa fe“ erklang. alles war perfekt, im gedanken machte ich einen strandspaziergang an einem kühlen frühlingstag.

und dann wurde ich aus meinem konzerttraum gerissen: das mädchen hinter mir beschwerte sich über die drei zehnsekündigen handyvideos, die ich gemacht hatte, und als ich ihr anbot, plätze zu tauschen, meinte sie, sie müsse sich hier ganz hinten anlehnen und kann nicht plätze tauschen. ich sagte ihr, dann müsse sie damit leben, dass im jahr 2019 nicht nur ich, sondern auch 30 andere leute in der konzerthalle, kurze erinnerungsvideos machen würden und man das eben mitbekommt, wenn man unbedingt ganz hinten lehnen möchte. ich versuchte mir die lust nicht nehmen zu lassen, tänzelte ausgelassen weiter, machte notizen und einige weitere videosnippets.

ich versank wieder in meinen gedanken, ließ mich von der musik treiben, war begeistert von den schönen lichtarrangements aber noch mehr von den bläsern, die mit ihrem hymnischen sound jede nummer in ein schönes, gemütliches sommerfest verwandelten. abwechslung fand zwar nur in einem kleinen radius statt, aber auch wenn sich nur der rhythmus und die beats ein bisschen veränderten, war das trotzdem genug, um weiterhin spannung zu erzeugen. die zeit verging rasend schnell, das publikum war immer noch aufmerksam, die band schien gut gelaunt. sie waren keine freunde großer worte, aber vielleicht war es gerade diese zurückhaltung, die so perfekt zu ihrem wesen passt.

das mädchen hinter mir meldete sich wieder. das konzert war zwar schon fast vorbei, aber sie wollte es sich nicht nehmen lassen, mich darauf hinzuweisen, dass schräg hinter mir ein platz in der anlehn-reihe frei geworden ist. ich sagte ihr zwar, dass es jetzt ja auch schon egal wäre, weil der auftritt so gut wie zu ende ist, tat ihr aber dann den gefallen. vielleicht auch deshalb, um es ihr zu ermöglichen, in den genuss der zig anderen smartphones vor ihr zu kommen. es folgte schließlich „nantes“, der letzte song vor dem zugabenblock, der einen höhepunkt sondergleichen darstellte. das mädchen machte sich danach übrigens aus dem staub. auch gut. ich ging wieder zu meiner ausgangsposition zurück, ohne böse blicke im nacken zu ernten, und konnte die letzten minuten während der zugabe nochmal so richtig auskosten. schlussendlich war es ein sehr schöner abend, schöner, als ich je hätte denken können.

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