geschlittert an der kitschgrenze schaffte es der deutsche liedermacher gisbert zu knyphausen an jenem donnerstag abend im wuk dann doch auch die indie-herzen mit bedachten worten zu erobern.

es war ein innerlicher kampf zwischen zuhause-bleiben-wollen und doch noch rausgehen um ein konzert zu sehen. letztlich schaffte ich es aber doch in letzter sekunde loszuziehen und das wuk aufzusuchen. in letzter sekunde deswegen, weil just in dem moment als ich die konzerthalle betrat auch gisbert zu knyphausen samt band die bühne enterte. noch gar nicht richtig angekommen und in voller montur bahnte ich mir den weg nach vorne.

in schönstes licht getaucht begann gisbert gemeinsam seiner band ganz sanft das set zu beginnen. man wurde ganz langsam dem alltag entrissen und ins konzertgeschehen geschaukelt. die weiche stimme von knyphausen stellte sicher, dass sich alle wohl fühlen. dass sich alle fallen lassen konnten. das konzert glich schon fast einem gemütlichen abend auf der couch, nur eben ohne sitzgelegenheiten. „jeder tag ist ein geschenk, er ist nur scheisse verpackt. man fummelt am geschenkpapier rum und kriegt es nur mühsam wieder ab“ sang er im song „das leichteste der welt“. ich machte mir notizen, schlechte tage mit schlecht verpackten geschenken zu vergleichen fand ich großartig. ich hatte die hoffnung, dass es weitergehen würde, mit deepen metaphern und dass der kitsch durchgehend ausgeblendet werden würde. ich war guter dinge, immerhin war der start ein sehr guter.

ich war gerade dabei, mich von der skepsis zu lösen, als es plötzlich durch die boxen schallte. ein wort, das unweigerlich ein sehr kitsch-behaftetes wort ist, und welches ich in deutschen, stilvollen texten eigentlich nicht hören will: stern. genauer gesagt die zeile „sie ist der schönste stern von allen“. allein der gedanke an das wort „stern“ löst bei mir bunte bilder in meinem kopf aus, und ich assoziierte sofort kinderbücher und schlagersänger damit. auch die schöne phrase „du trinkst dich dumm, du siehst dich satt“ aus dem selben song half mir nicht in meiner misere. denn als dann direkt darauf der song „ich bin ein freund von klischees und funkelnden sternen“ folgte, schrillten alle alarmglocken. ich war doch nicht etwa wirklich auf einem schlager- oder deutschpoeten-konzert gelandet?!

bevor ich die venue hals über kopf verlassen wollte, gab ich gisbert zu knyphausen doch noch eine chance. denn die wahrscheinlichkeit war niedrig, dass noch weitere zehn songs über sterne folgen würden. das schlimmste müsste ich theoretisch überstanden haben. und so war es dann auch. die texte wurden wieder angenehmer, poetischer, intellektueller. regten mehr zum nachdenken an, ließen einen sanft mitschwingen und die gedanken konnten ganz sachte dahinfließen. für einen kleinen solo-akustik-teil verschwand die band dann von der bühne, und gisbert wurde für einen kurzen moment aus seinem hypnotischen konzept gebracht: „kaum ist die band weg, ist mein gedächtnis weg“ kommentierte er sein text-vergessen. aber das war nicht so schlimm, das machte ihn sympathisch. auch sein kommentar nach diesem ergreifenden, traurigen programmpunkt aus tränentreibenden solo-nummern war aufheiternd: „das traurigste des abends ist geschafft!“. na gottseidank!

„sommertag“ hieß der song, bei dem ich endlich sagen konnte „oh, das kenn ich ja“! ich tänzelte vor mich hin und kam zu dem entschluss, dass mir der song am meisten gefiel, vielleicht weil er so nach nuller-jahre-independent-musik klang. und dann? dann war das konzert so gut wie zu ende. es folgten noch zugaben und eine bandvorstellung, ich war aber so müde mittlerweile, dass ich mir die letzten songs von draussen anhörte. neben einem knutschenden paar machte ich es mir auf der couch gemütlich und vermutlich bin ich auch kurz eingenickt. da gisbert zu knyphausen ein freund von sehr vielen zugaben zu sein schien, wirkten die zwei zugabenblöcke wie ein komplettes konzert auf mich. beim letzten teil entschied ich mich dann aber den heimweg anzutreten. und genau dann traf ich noch eine bekannte und wär vielleicht doch noch gern geblieben, aber mein vernünftiger verstand sagte mir: ab ins bett.

alles in allem war es ein schöner abend, der allerdings immer wieder an der kitsch-grenze balancierte aber dank poesie-artigen texten dann doch immer wieder im independent/alternative-eck zu finden war.

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