schreien für den weltfrieden, oder so ähnlich: „fjørt“ waren im rahmen ihrer „couleur“-tour in einem ausverkauften wiener chelsea zu gast, wirbelten über die bühne und brüllten mit dem publikum um die wette.

eigentlich ist die musikalische richtung von fjørt ja gar nicht so mein ding. wäre ich gerade in einer jugendlichen, rebellischen sturm und drang-phase, dann vielleicht schon. aber wut verspüre ich wahrscheinlich dank dem alter kaum noch, eher gleichgültigkeit. vielleicht ein grund, dass mir der ruppige post-hardcore eher nicht in meine playlist rutscht. trotzdem: in all meinen konsumierten medien war die rede von der band aus aachen, dann kam auch noch das rennomierte label „grand hotel van cleef“ aus hamburg im hintergrund dazu und ich wurde mehr und mehr neugieriger auf die band. also musste ich dahin, ins chelsea, zu diesem konzert, welches dann auch noch ausverkauft war. ufff.

„fjørt“ ist ein wunderbarer bandname; er klingt kühl, irgendwie weich und doch erobernd gleichzeitig – ähnlich wie die band selbst auch ist: freundlich, cool, aber bestimmend! als die herrschaften chris hell, david frings und frank schophaus durch die nebentür von draussen in die aufgeheizte location stürmten, waren alle schon in heller aufregung. und kaum angekommen, wurde die gemütlichkeit sofort zerstört: mit wilden posen und bewegungen wurden die saiteninstrumente bearbeitet und dem publikum klar gemacht, dass an diesem abend keiner langweilig herumstehen sollte. nach anfänglichem zögern wurde etwas später dann kräftig und heftig mitgewippt. und es dauerte nicht lange, bis diese bestimmende, mahnende art herausbrach: die aktuelle, politische situation in österreich wurde angesprochen und einen moment lang, schämte sich wohl die ganze anhängerschaft. wir sollen kämpfen, wir sollen nicht aufgeben, gegen die nazis hieß es. ein kleines bisschen hoffnung machte sich breit, vielleicht können wir ja doch irgendwas in die richtige richtung bewegen…

aber eigentlich waren alle gekommen um die politische misere einen abend lang zu vergessen. allen ärger rauszuschreien, aufgestauten frust wegzutanzen und hinter sich zu lassen. harte gitarrenriffs und noch härtere scream-attacken sollten dafür sorgen, alles von sich wegzuschieben, sich dem harten sound hinzugeben und schlussendlich auch etwas zu entspannen. das gelang ihnen eigentlich recht gut. die fans schienen mit jedem song etwas lockerer zu werden. sofern ein österreichischer fan überhaupt locker werden kann.

während die band das chelsea immer noch als turnsaal verwendete und die zuhörerschaft ihre zurückhaltende art endlich zu einem großen teil beiseite legte, suchte ich nach der abwechslung. nach dem break, nach dem song, der etwas herausstechen würde. aber es kamen nur weitere schreie, weiteres gitarrengeschrammel, weitere hörbare aggressivität. was ruhigeres? ne. lieber noch ein bisschen gesprochenes ins mikro keuchen um im letzten drittel genauso weiter zu machen, wie der gesamte gig bereits abgelaufen ist: laut, lärmend und hart. und ein bisschen durcheinander. ich konnte während dem gesamten auftritt nicht einmal die stimmen auseinander halten – insofern war ich vielleicht auch mit der sounddichte etwas überfordert.

„lichterloh!“ schrie ein herr im publikum immer wieder, und seine wünsche wurden erhört: als ersten zugabe-song präsentierten sie das genannte lied und wieder wurde alles ganz laut rausgebrüllt. meine provisorischen ohropax aus taschentuch-fetzen federten zum glück einiges ab aber puh: für empfindliche ohren wäre das nichts.

während die meisten konzertbesucher zu den letzten nummern von fjørt noch fleissig mit den köpfen mitnickten, schlichen ich und meine konzertbegleitung uns heimlich aus dem lokal. es war echt schon spät und wir waren müde… und naja: ihr kennt das, manchmal sagt ein gähn-anfall mehr als tausend worte. alles in allem war es ein ganz passabler abend, auch wenn ich mir immer noch nicht vorstellen kann, zu welchem anlass man sich post-hardcore zuhause im wohnzimmer anhört. bleibt wohl fehlende weisheit.

ps: wer einen bericht mit expertise lesen will, sollte mal zum kollegen von unimag rüberklicken und zwar hier.

FJØRT Setlist Chelsea, Vienna, Austria 2018

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