das rohrbacherstüberl in ternitz im wunderschönen niederösterreich wurde am zweiten september-wochenende zum schauplatz für das erste 2-tägige „nitz fest“. am start: die creme de la creme aus noise, garage-punk und hipstertum.

es war ein bisschen so, als hätten die letzten coolen kids der stadt beschlossen, nochmal etwas verrücktes zu tun, bevor sie erwachsen werden. raus in die pampa, rein in ein kleines gemütliches gasthaus und genau dort, auf engstem raum alte gewohnheiten mit neuen innovationen mixen. aber beginnen wir beim anfang.

das fest am mittlerweile zweiten spieltag zu besuchen war mal wieder eine spontanaktion: drei damen über dreissig, die einfach mal ein auto mieteten um der idylle einen besuch abzustatten. passend dazu bekamen wir vom autoverleih einen megafetten geländewagen. am liebsten wären wir noch weiter gefahren (vielleicht bis ans meer?), aber unsere zieldestination war das nitz fest. während der autofahrt sprachen wir über die wichtigen dinge im leben, nämlich über essen. deswegen war nach unserer ankunft im rohrbacherstüberl auch klar, dass wir die schnitzelaktion kaum ausschlagen konnten.

nach erfolgreichem schnitzelverzehr wagten wir einen rundgang. von der gaststube ging es in einen raum voller tv-bildschirme, danach raus in den hof mit gemütlichen sitzgelegenheiten und schließlich noch weiter in den garten mit wiese, baum, bühne und bar. gefühlt alle anwesenden kannten sich untereinander, wir empfanden uns wie eindringlinge auf einer privaten garten-party. who cares, erst mal ein frucade darauf trinken wie badass wir uns vorkamen.

apropos bad: die erste band die wir sahen nannte sich „bad weed„. der singende familienvater hatte seine kleine tochter als treuesten fan in der ersten reihe mit dabei. der rest der truppe wirkte wie aus dem hippen london importiert und gleichzeitig wie zeitreisende revoluzzer aus den 80ern – in wirklichkeit waren sie aus wien ottakring. der sound war mal richtig punkig, dann aber wieder wie anschmiegsamer und gleichzeitg verwaschener garage-rock. besonders imponiert hat mir die selbstgebaute gitarre – und der kinderwagen neben der bühne. konservativ am tag, rockstar in der nacht. oder so.

danach wurden wir mit einer kleinen geschichte von „pccc“ über indie boys unterhalten. ich hätte der wortgewandten dame ewig zuhören können. (lustige) geschichten erzählen ftw! dann wurde es langsam dunkel, wir tranken cola, plauderten und versanken in den gemütlichen relaxsesseln im innenhof, der mittlerweile von schönen projektionen verziert worden war.

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„ana threat live aus dem übertragungsraum“ hieß es im hübsch gestalteten programm. übertragungsraum? der weitere verlauf der veranstaltung ließ fragen aufkommen. aber die relaxsesseln im hof hatten uns fest im griff, der frage nachgehen wo sich dieser raum befindet war zu anstregend. letztendlich merkten wir dann aber, dass wir eh am richtigen ort waren: „ana threat“ spielte in einem mini-raum. vom hof aus konnte man durch ein gitter-fenster zuschauen oder im tv-raum den auftritt über bildschirme verfolgen. das war anfangs seltsam, später erkannten wir das aber als eine kreative lösung das platz- und lautstärkenproblem in den griff zu bekommen sowie für abwechslung und „etwas neues“ zu sorgen. innovativ, innovativ!

ana threat selbst war mir zwar ein begriff (zuletzt vor allem dadurch, weil sie das popfest kuratierte) aber ihre musik kannte ich nicht. völlig allein formte sie mithilfe von loops einen sound aus schlagzeug, gitarre und anderen hilfsmitteln. da ich nur fenstergucker war, konnte ich nicht alles erspähen. mit vorhang über dem gesicht sorgte sie anfangs für einen hohen weirdness-faktor, später lehnte sie an der wand, flirtete mit ihrer gitarre und zelebrierte schwitzende leidenschaft mit ihren instrument(en). beeindruckend.

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das wahre highlight folgte als letzter outdoor-act im fast schon stockdunklem garten: einer der seltenen auftritte von „euroteuro„. mit ihren songs „autogrill“ und „kündigung“ sind sie der geübten fm4-hörerschaft schon seit längerem geläufig. bei ihrem live-auftritt konnte man das feeling, das man hat, wenn man zum ersten mal ohne eltern in den italien-urlaub fährt oder zum ersten mal in eine eigene wohnung zieht, direkt inhalieren. euroteuro sind vier damen und ein herr, geschätzt mitte zwanzig. mit ihrem ironischen sound, dem schiefen gesang und der vorgefertigten musik aus dem macbook (ok, ein synthesizer wurde auch noch benutzt) spiegelten sie gekonnt den durchschnittsjugendlichen aus dem jahr 2017 wieder. näher am puls der zeit kann man eigentlich gar nicht sein.

das was euroteuro live boten wirkte wie eine karaoke-einlage einer betrunkenen bagage gegen 4 uhr morgens auf einer wohnzimmer-party. falsch, laut und mit begeisterung! diese begeisterung ging ins publikum über, zum ersten mal verspürte ich am nitz fest wirklich partystimmung. euroteuro versprühten charme, hatten mut sich so zu präsentieren wie sie waren – keine versierten musiker, sondern spass-performer. ich für meinen teil hab mich verliebt in die truppe. ernsthaft können gern andere sein!

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bevor es ab in den partykeller mit dj-einlagen von andreas spechtl ging, war vorher noch „melt downer“ an der reihe, den winzigen gitter-fenster-raum zu bespielen. melt downer ist eines der vielen machenschaften von kreativkopf wolfgang möstl. wie erwartet wurde es laut, verzerrt, krachend – noise in purer form. das trio hatte kaum platz in der minimalistischen location samt bunten plastik-vorhang – auch vor dem fenster drängelten menschen um etwas mitzukriegen, um nervös mit den knien zu zucken, um mitzuwippen und den kopf wie im trance zu kreisen.

im tv-bildschirm-raum ging es ruhiger zu, die leuten saßen auf sesseln, am boden oder lehnten gegen die wand und folgten dem noise-treiben via fernseher. die stimmung: deutlich weniger enthusiastisch. ein spassvogel drehte kurzerhand das licht immer auf und ab, um ein lichtgewitter zu erzeugen. die meisten fanden’s nicht witzig bzw zeigten einfach keine regung. hm.

weil wir mit dieser kollektiven niedergeschlagenheit nicht viel anfangen konnten und das unsere müdigkeit nur verstärkte, suchten wir den partykeller. der war zwar noch nicht offen, aber wir konnten trotzdem zunächst unbemerkt reinschleichen und uns ein bild vom kellergewölbe samt discokugel und vorbereiteten sektgläsern machen. schließlich wurden wir aber rausgeschmissen, die polizei fuhr gerade vor und forderte die veranstalter auf, alle fenster zu schließen (es war zu laut kurz vor 23 uhr). die zigarettenrauchkonzentration war mittlerweile aber so hoch, dass wir fast gezwungen waren, die heimreise anzutreten. unter discokugelglitzer im partykeller geräuchert zu werden war für uns auch keine besonders anziehende option um zu bleiben.

dennoch: es war ein toller ausflug, auch wenn wir kurz vor mitternacht wieder wiener boden unter den füßen hatte. die atmosphäre, das schnitzel und euroteuro waren es auf jeden fall wert, in die pampa zu düsen.

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