ihr kennt das bestimmt: da freut man sich auf den abend und kaum ist man ausgehfertig, fängt es draussen zu regnen an. okay, in diesem fall sollte man das noch dramatisieren: es schüttete regelrecht. da die location, die ich besuchen wollte, öffentlich nur in verbindung eines fussmarsches zu erreichen war, war meine motivation dementsprechend im keller.
völlig durchnässt kam ich in der szene wien an, noch rechtzeitig genug um nichts von „judith holofernes“ zu verpassen, aber zu spät um support „teitur“ wahrzunehmen. egal, erstmal die nasse jacke loswerden bevor ich mir ein plätzchen suchte. mein blick schweifte durch die dicht gedrängte location und ich meine, da waren viele wegen der nostalgie da inklusive mir selbst. dieses kollektive in erinnerungen schwelgen vermittelte schon mal ein positives grundgefühl. dem konzert stand nichts mehr im wege.
zu beginn allerdings ging es etwas schleppend voran: ich assoziierte mit den ersten stücken eher die art von musik, die man als hintergrundgeräusch während dem frühjahrsputz hört. erst nach einiger zeit wurde das musikalische konstrukt etwas schneller, prägnanter und wurde mit vermehrten, kantigen gitarreneinsatz geschmückt. das gefiel mir gut. so hatte ich die rebellische judith schließlich in erinnerung.
ebenfalls in erinnerung hatte ich ihre redefreudigkeit, mit der immer-wieder-wegbleibenden stimme. sie erzählte von ihrem sehr frühen besuch im fm4 studio und dem perfekten wetter in wien (ja, tagsüber schien nämlich die sonne, abends kam der böse regen), von der geburt der neuen platte an jenem tag und dass sie das natürlich gemeinsam mit ihrer band mit schnitzel und kaiserschmarrn gefeiert hat. der zusatz „ihr seid die gelungensten schnitzel heute“ schnappte die menschenmenge natürlich als kompliment auf.
es folgten meine persönlichen musikalischen highlights: „die leiden der jungen lisa“ war ein wunderbar andächtiges lied, gefolgt von „ich bin das chaos“. auch hier ließ es sich judith nicht nehmen etwas einzuwerfen. sie wollte nämlich immer schon rio reiser zitieren und tat das dann auch prompt: „chaoten seid ihr!“
„der letzte optimist“ und „ein elefant für dich“ setzten dann nochmal eines drauf und ließen ihre leidende stimme richtig zur geltung kommen. dieses krächzen, dieses sehnsuchtsvolle ringen nach luft, die unendliche stille im raum – all das ließ den auftritt nochmal so richtig eindringlich werden. dann kamen noch zwei rausschmeisser und der spuk war vorbei. wieder raus in die nacht, raus in den kalten regen, raus aus der wohlig warmen vergangenheits-blase. liebe frau holofernes, danke für den zauberhaften abend – die neuen songs erinnern immer noch genug an das alte, sind aber ein schöner und vor allem richtiger schritt in richtung einer neuen, unverbrauchten nostalgie.