garish existieren bereits seit 20 jahren, haben gerade ihr siebtes album „komm schwarzer kater“ veröffentlicht und sind eigentlich die letzte, immer beständig hervorragende indie-band, die österreich zu bieten hat. im gespräch mit wienkonzert hat thomas jarmer, sänger der gruppe, fragen rund um die bandentwicklung, die sache mit dem live spielen und vorbilder beantwortet.

es gibt euch seit 20 jahren, hättet ihr am anfang eurer karriere erwartet, dass das projekt so lange bestand hat?

damit rechnen hätten wir nicht können. wir waren zu beginn einfach einigermaßen unambitioniert was karriere an sich jetzt angeht, wir waren damals sehr genügsam. miteinander austauschen, musizieren miteinander… und konzerte in dem fall waren eher ein graus für jeden einzelnen von uns. dieses rausstellen auf die bühne war uns eigentlich zu beginn sehr zuwider und nicht angenehm und überwindung. so im nachhinein verwunderlicherweise hat man das immer wieder gemacht. ich glaub schon allein deswegen weil wir hier eine form finden wollten, die sich nach 15 jahren so richtig eingestellt hat, deswegen gibt es uns nach wie vor. weil nicht im vorhinein alles klar war, weil wir im vorhinein keine konkreten ziele und vorstellungen gehabt haben, was das jetzt werden soll. weil das für jeden einzelnen von uns eine sehr fordernde angelegenheit war und wir aufgrund dessen mit sehr viel erfahrungen – ich kann jetzt nicht sagen rausgeht – aber stück für stück vorangeht. man hat sich das selbst alles erspielt, das ist das schöne dran.

was ist es, deiner meinung nach, was euch erfolgreicher macht als alle anderen indie-band, die so in den letzten 20 jahren aufgepoppt und wieder verschwunden sind?

was die langlebigkeit angeht, hat es schon mit dem grundgefühl zu tun, dass wir nicht gedacht haben, den zenith überschritten zu haben. dass es eine platte oder zeitpunkt gegeben hat, wo man sagt, das war unsere hoch-zeit und danach gehts halt so weiter.. oder man bleibt hängen an einem gewissen punkt und man setzt nur fort was sich hier mal an großartigen ereignet hat. da wir mit jeder platte alles wieder auf null runterfahren und jede neue platte von grund auf wieder mit der arbeit beginnen und damit auch jede arbeit neu wird zwangsläufig weil in der zwischenzeit seine fühler irgendwo anders ausgerichtet hat und das zusammenkommen an einem punkt immer wieder neu ist, weil es diese aktive und passive zeit gibt, deswegen glaub ich stellt das auch sicher, dass es für uns immer neu und interessant ist und obwohl man aus der eigenen haut nicht raus kann trotzdem unser gemeinsamer bereich nicht vollends erschlossen ist, dass da immer wieder was neues gibt, was untereinander sich auftut sobald man einfach im proberaum steht und neue nummern probiert.

vielleicht weil es nach wie vor nicht so überambitioniert ist, nicht soviele ziele gesteckt werden?

ja, man hat es nie drauf angelegt, dass man sagt, wir wollen das und das ziel erreichen und wenn wir das nicht erreichen, lassen wirs bleiben. das hat aber auch mit den grundsätzlichen motiven zu tun, warum wir jetzt sehr aufopfernd und verschwendend an dieses projekt und an die gemeinsame musik herangeht, weil man einfach merkt, dass man hier untereinander fähigkeiten und potential sieht, auf das wir ohneeinander nicht draufkommen würden wenn man hier nicht unter einer decke steckt und musik macht. auch das einander nicht satt haben weil man sich im verlauf der zeit immer wieder neu findet. und das ist bei jedem album eigentlich anders, wie die chemie untereinander funktioniert, wie die achsen untereinander sich so wandeln, wer mit wem gut zur zeit harmoniert und funktioniert, wer wem den ball zuspielt und aufgrund dessen neue musik passiert und das ist von album zu album unterschiedlich und verdammt anstrengend, weil man nie weiß was einen erwartet, an dem punkt wo man wieder anfängt und auch der diskussionsbedarf damit immer im ausreichenden maß erhalten bleibt. also fad wird es nie.

mit „komm schwarzer kater“ wurde jetzt das 7. album veröffentlicht. war das album geplant aufgrund 20 jahre garish oder ist es eher nur so passiert?

wir sind eher so jubliäumsmuffel. jetzt ist an und für sich zeit natürlich schon relevant und die hat für uns schon einen wert und das sind jetzt 2 jahrzehnte und allein schon die geschichte, dass man sagt, man hat mehr jahre mit der band verbracht als ohne… allein solche sachen sind schon groß, dass man sich denkt wow… die art beziehung die man aufgrund dessen zueinander hat, ist halt auch nicht vergleichbar mit jeder anderen beziehung. es ist schon sehr speziell soviele jahre miteinander das gleiche zu machen und trotzdem macht jeder seinen weg. und trotzdem bleiben diese schnittmengen erhalten.. es ist auch ein glück irgendwie. und auch ein luxus. und gleichzeitig hängen wir auch nicht so am zwanziger. also wenn das nächstes jahr 21 Jahre sind, denk ich mir auch wow und letztes jahr 19 jahre… man muss sich nicht auf die 20 jahre aufhängen. es gibt keine jubiläumstour (lacht)!

in der heutigen zeit ist ja immer weniger zeit für alles. deswegen frag ich immer gern, in welcher situation man euer album denn am besten hören kann oder was du empfehlen würdest?

wenn man sich wie in seinem eigenen idyll wohlfühlt. die badewanne mit einem glas rotwein ist irgendwie schon abgelutscht aber ich glaub wenn man es schafft, gewisse affekthandlungen auszuschalten und sich wirklich nur mehr konzentriert auf eins einzulassen, dann ist das schon die richtige situation.

also aufmerksam zuhören…

schon natürlich. wenn mans aushält. wenn alles rundherum mal egal sein kann, ich glaub das ist eine aufgabe, die jeder oft genug zu bewältigen hat.

zum thema live spielen: wie oft probt ihr, bzw wie oft muss man in eurem Fall noch proben?

in letzter zeit ziemlich oft. wir sind ansonsten eher probefaul, wir sind nicht so konsequent will ich jetzt nicht sagen..aber übertrieben wirds auch nicht, was das proben angeht. weil es acht zu geben gilt auf ein gewisses maß von übertrainiertheit für die bühne, wenn das ganze dann doch im vorhinein routine ist und vorher schon blinde flecken entstehen ist das nicht zielführend. aber wir haben gerade eine sehr intensive probezeit weil es gilt, die platte aus dem studio auf die bühne zu bringen und das ist in dem fall neu, anders und schwierig für uns, weil zuletzt die alben immer live eingespielt wurden im studio. studio war live wenn man so will, und diesmal ist alles im studio stück für stück, spur für spur so notwendig gewesen die nummern so zusammen zu formen und jetzt gehts darum, das ganze wieder aufzudröseln und zu schauen, was jetzt das essentielle für die bühne ist und das ist teilweise großer technischer aufwand und teilweise ja.. übungssache, das ganze wieder ins gefühl zu bekommen. das ist sehr arbeitsintensiv aber es ist eine schöne arbeit, ich mag das schon gern. die dinge jetzt wieder zu erarbeiten, im studio ist alles möglich und auf der bühne hat man dann trotzdem sehr begrenzte mittel zur verfügung.

wird man auf der tour das komplette album hören oder wird das eine gemischte setlist?

naja das neue album werden wir schon in seiner gänze spielen, sind ja nur 10 nummern. das wäre für das konzert an und für sich schon ein bisschen knausrig, aber es wird schon wie immer auch nummern von den letzten zwei alben geben. ist bei uns live immer ein bisschen schwierig weil jedes album so in sich geschlossen ist und deswegen ist zum beispiel ganze alte nummern zu spielen unmöglich. wegen einer gewissen emotionalen distanz und weil die art und weise früher zwar richtig war aber heute auf keinen fall mehr möglich wär so zu spielen oder überhaupt solche nummern zu spielen. dadurch dass es bei uns immer ein auf- und abtauchen gegeben hat mit jeden album verunmöglicht es irgendwie alles in ein konzert zu bündeln. also im vergleich dazu bands wie element of crime oder tindersticks, die einfach den großteil ihrer nummern etwas zeitloses geben können, dass sich dann alles ausgeht, ist auf der einen seite was schönes und auf der anderen seite so wie es bei uns ist… wir sind halt doch eher eine album-band als eine live-band so gesehen, weil mehr das album im mittelpunkt steht als in sich geschlossener teil und deswegen sind alte nummern fremdkörper in einem neuen programm. aber seit „wenn dir das meine liebe nicht beweist“ gab es einen musikalischen bruch, und ab dem punkt ist es für uns gefühlt gut, da geht sich alles aus. und in dem rahmen werden sich die live-konzerte abspielen.

wer bestimmt bei euch die setlist? stellt ihr die demokratisch zusammen?

wir sind zum glück ein basisdemokratischer haufen. nein, es passiert natürlich schon in absprache untereinander und da sind wir uns sehr schnell einig. prinzipiell ist der diskussionsbedarf bei uns immer recht groß und es wird gern diskutiert, aber in dem punkt sind wir aber oft schon sehr sicher geht sich das aus mit der nummer ja oder nein und auch in einer gewissen dramaturgie haben wir doch alle die gleiche vorstellung. es muss nicht überall diskutiert werden, in dem punkt ist es schön zu sehen, wir uns schnell einig sind.

sehr schön. gibt es ein ritual bevor ihr auf die bühne geht?

es ist immer ein bisschen affig, wenn man glaubt, man muss vor dem konzert den bon jovi-kreis machen und dann auf die bühne gehen. da ist jeder eigentlich gern für sich…also ich bin gern für mich bevor ich auf die bühne geh. und rituale haben sich auf die art und weise nie wirklich festgesetzt. und das ist auch immer anders, es kommt drauf an mit welchen ersten nummern man auf die bühne geht… ob man sich dazu jetzt gegenseitig aufpushen müsste oder ob eh jeder schon irgendwie so heimlich den weg auf die bühne findet zur ersten nummer. hängt immer sehr davon ab wie das konzert beginnt.

hast du musikalische vorbilder generell bzw welche, die zu garish damals inspiriert haben oder jetzt noch inspirieren?

zeitlose figuren die schuld sind mehr oder weniger gibts definitiv. sven regener von element of crime war schon ein schlüsselerlebnis. also die ersten deutschen platten von element of crime waren schon eine art der hörgewohnheit, die ich so zuvor noch nicht erlebt hatte. der umgang mit wörtern und deutscher sprache überhaupt, das war die initialzündung. da hab ich gesehen, was mit deutscher sprache möglich war und wie unpeinlich das ist. was deutsche sprache in der musik angeht, hab ich das eher immer mit schlager sozialisiert… ich hab auf englisch angefangen zu schreiben, und was ich da versucht hab im englischen zu machen, die art der bildsprache, war im englischen extrem peinlich und alles andere als englisch und im deutschen hat das plötzlich sinn gemacht und spass gemacht und auf einmal ist ist das so persönlich geworden. und ja… neubauten war in der zeit auch recht wichtig. dieses vokabular, das an so manchen leuten haftet, finde ich sehr faszinierend und ich hab dann auch gemerkt, dass ich einen hang zu altmodischen vokabular hab, zu redewendungen und den anspruch auch irgendwie so hab in den texten, die neuzeit auszuklammern. nicht was sich zeitlich festmachen lässt. ich find sowas nach wie vor immer ganz… es geht irgendwie überhaupt nicht wenns um meine art zu schreiben geht, das man so wörter… so gegenwärtige oder modewörter irgendwie mitreinbringt.

sind die genannten rein musikalisch oder auch auf der bühne deine vorbilder?

naja schon auch diese art von präsenz auf der bühne ja. also eben auch erste konzerte von element of crime waren mitunter auch sehr verstörend, mit welchem alkohollevel jemand auf der bühne trotzdem so richtig gut sein kann. aber bühnenfiguren… stuart staples von den tindersticks irgendwie auch in der feinen und ruhigen art und weise so präsent zu sein auf einer bühne im vergleich zu blixa bargeld auf so penetrante und durchdringende art und weise auf der bühne zu stehen… also das spektrum ist eigentlich recht groß von so bühnenmenschen, die ich gut finden kann. und die mir auch weitergeholfen haben auf den weg eine eigene bühnenfigur zu werden.

das passt gut zu meiner nächsten frage: gehst du gern auf konzerte und was war so das beste, dass du gesehen hast?

prinzipell halte ich diese dosis an körperkontakt bei einem konzert immer weniger aus. an und für sich das live erlebnis an sich ist nach wie vor ein großer reiz für mich. also es gibt so bands irgendwie, wenn sie in der gegend sind, will ich auf immer fix beim konzert dabei sein – eben neubauten, tindersticks… naja eines der schönsten konzerte, ich hab lange gebraucht dafür, weil wir immer auf tour waren, aber ich letztens endlich mal „bohren & der club of gore“ in der grellen forelle gesehen… weiß nicht ob du die kennst.

nein, leider nicht..

das ist eine band, die machen doom-jazz wenn man so will. die waren eigentlich eine metal-band und die machen extrem langsame, reduzierte musik aus bass, bisschen schlagzeug, tasteninstrumente und saxophon. herren mit sehr guten schmäh und witz und trotzdem ist es sehr düstere und schöne musik. und es war ein großartiges konzert, eh noch nicht so lang her. und explosions in the sky in der arena war auch großartig, so die große wand… sowas kann ich schon wirklich super finden. auch die art von publikum die man dort so antrifft, diese atmosphäre, das was von der bühne kommt nämlich das musikalische, dass das genau das ist, weswegen die leute hingehen… und nicht irgendwie um eine show zu sehen. kein publikum das zwangsläufig nicht persönlich umarmt werden will sondern musikalisch umarmt werden will. und sowas find ich sehr sympathisch.

gut, letzte frage: wenn du dir eine location auf der ganzen welt aussuchen könntest, egal ob realistisch oder unrealstisch, wo würdest du dann gerne spielen?

hm, was gibts denn da alles… stadien wären glaub ich passe. ich hab die wenigste erinnerung an die großen konzerte, und die klarste und konkreteste an die kleineren sachen, deswegen ist es immer so eine sache mit großen konzerten, da verliert man sich leicht, da bleibt im nachhinein nicht viel. es ist komisch. ich hab in paris vor 10 jahren yann tiersen in seiner übergangsphase, wo er eine rockband wurde, im le grand rex gesehen. das ist ein theater, ein altes schönes barockes theater, das einen irrsinnig steilen zuschauerraum hatte. das wie ein amphitheater extrem nach oben ging und man so richtig runter geschaut hat auf die bühne und das würde mir gut gefallen, so auf die art und weise.

danke für das interview!

garish – tourdaten:
04.03.2017 – oslip – cselley mühle
09.03.2017 – linz – posthof
10.03.2017 – innsbruck – weekender
11.03.2017 – villach – kulturhofkeller
16.03.2017 – graz – ppc
17.03.2017 – salzburg – arge
18.03.2017 – dornbirn – spielboden
23.03.2017 – krems – kino im kesselhaus
24.03.2017 – wien – arena
26.03.2017 – münchen – milla

web: http://www.garish.at/
facebook: https://www.facebook.com/garish.at

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