es gibt einige dinge, an die man sich gewöhnen muss, wenn man in einem männerbüro arbeitet: zum beispiel das blöde grinsen, wenn sie wieder mal etwas zweideutig verstehen. als ich am späten donnerstag-nachmittag zu meinen kollegen sagte, dass ich das büro verlassen muss, weil ich nicht zu spät zum popfest kommen will, kam nach dem ersten kichern die frage „was ist ein popfest?“. ach, solche kulturbanausen. nach einer kurzen erklärung machte ich mich dann auf den weg und war zum glück rechtzeitig vor ort. rechtzeitig am karlsplatz um die eröffnung des popfests mit „voodoo jürgens“ mitzuerleben.
wer meine berichte zum seewiesenfest und zum donauinselfest kennt weiß, dass ich eine ziemlich große begeisterung für voodoo jürgens hege. aber was soll ich denn machen: er ist ein charakter, eine figur, ein mensch mit witz, der in seinen texten situationen beschreibt, die man als österreichischer staatsbürger wahrscheinlich schon einmal in seinem leben erlebt hat. viele ausdrücke kenne ich gar nur von meinen großeltern und/oder eltern, begriffe die mir gar nicht mehr geläufig waren, kommen wieder zum vorschein. und irgendwie mag ich das. voodoo jürgens bringt dialekt-musik mit viel humor wieder ins gehör aber ohne peinlich in die schlager- oder volksmusik-richtung zu gehen. nein, er bewahrt sich so wie der nino aus wien einen indie-status, und kommt trotzdem bei jung und alt an. spätestens am popfest musste man sich eingestehen, dass doch mehr menschen an diesem künstler interessiert waren, als angenommen. denn: bereits um 18:30 uhr war eine derart große menschenansammlung am karlsplatz zu vernehmen, die man sonst eher nur zu späteren abendstunde vorfinden würde.
sein programm vollzog er gemeinsam mit seiner band, der „ansa panier“, die sich in das konzept rund um die 90er jahre outfits bestens einfügten. mit den typischen überdrehten augen performte jürgens seine songs, machte wahnwitzige ansagen und ließ einen ein bisschen in „ein echter wiener geht nicht unter“-nostalgie schwelgen. oder – wenn man so will – auch in alter austropop-nostalgie. obwohl herr jürgens doch viel überspitzter agiert. wie auch immer: dem zahlreich erschienenen publikum hat es mehr als gefallen. und eigentlich bin ich kein freund von künstlich erzeugten hypes, aber voodoo jürgens wird sicher noch groß – sehr groß sogar. er hat das im blut.
als ich maxi phoenix 2015 am linzfest zum ersten mal sah, war ich fasziniert von ihrer musik – jedoch nicht so sehr von ihrer stimme. deswegen war ich gespannt, wie sie sich innerhalb eines jahres wohl weiterentwickelt hat. die mittlerweile 20-jährige hatte einen slot am eröffnungstag am brandwagen ergattert, direkt nach voodoo jürgens. eine zahlreiche crowd war ihr somit schon mal fix.
auf den ersten blick war gleich mal eines zu erkennen: mavi phoenix war augenscheinlich auf stilsuche und präsentierte sich mit neuer, hipper frisur, glänzender bomber-weste, polo-shirt und weißen sneakers. das basektball-outfit und die lange dunkle mähne aus der vergangenheit sind geschichte. und ja: das machte auf jeden fall sinn, denn sie wirkte nicht mehr so wie ein junges mauerblümchen, sondern tatsächlich wie eine heranreifende, selbstbewusste frau. auch ihre power, die sie mit auf die bühne brachte und in andauernder bewegung auslebte, war positiv zu werten. beats, power und aussehen – alles top. fehlt nur noch die stimme.
natürlich, den direkten vergleich zum letzten jahr habe ich nicht mehr, aber ingesamt fiel auf, dass sie einen großen entwicklungssprung hinter sich hatte. ihre stimme klang melodiöser, nicht mehr so schreiend, gesetzter. dennoch: es ist immer noch luft nach oben, von den tönen her und auch von der englischen aussprache. verlangt aber natürlich niemand von ihr, wie ein native zu sprechen. nur gehts ja immer um die liebe authentizität. zuviel österreichisches geräuschbild über der englischen sprache wirkt halt dann nicht mehr so cool. aber egal: gesamtheitlich hat sie sich stark verbessert, ich war erfreut über ihre power und ihr auftreten. wenn sie das auch noch auf ihre „djane“ im hintergrund übertagen könnte, wäre das ziemlich fett. das publikum ging ab, die hatten alle nicht solche sorgen wie ich. und um das gehts ja eigentlich: der crowd eine gute zeit bescheren. das hatte mavi phoenix auf jeden fall drauf!
klar, am eröffnungstag folgten noch zahlreiche weitere acts. unter anderem die musikarbeiterinnenkapelle und jede menge special guests. gesehen hab ich dieses riesige kollektiv nicht, nur gehört. bekannte songs als blasmusikcovers – und was da nicht sonst noch alles auf der bühne passiert ist. da ich meine aufmerksamkeit meinen freunden und ein paar bieren widmete, konnte ich natürlich nicht mehr soviel vom drumherum mitbekommen. einen seitenhieb muss ich jedoch trotzdem machen weil ich darauf aufmerksam gemacht wurde: es gab diskussionen rund um die qualität und der platzierung dieser formation, rund um die gespielten songs und was weiß ich. ein herr hat sich zum beispiel darüber geärgert, dass niemand der journalisten und innen das politische statement der musikarbeiterinnenkapelle wahrgenommen hatte. was auch immer das für ein statement gewesen sein mag, es wurde wohl falsch kommuniziert, sonst wäre es ja bei der breiten masse angekommen. was man nun unter „breiter masse“ versteht an einem donnerstag am karlsplatz mit zig bierständen rundherum, sei dahingestellt.
ich für meinen teil genoss das flair, das ambiente, die restliche live-musik als angenehme hintergrundbeschallung in dieser lauen sommernacht umgeben von freunden, netten bekannten und ein paar dosen bier. ganz ohne statements. denn das popfest sollte meiner meinung nach als event wahrgenommen werden, dass sich vorrangig um die vielfalt österreichischer musik annimmt und präsentiert und in weiterer folge menschen verschiedener kulturen mit gleichen musikalischen interesse zusammenbringt. nicht mehr und nicht weniger.