es war, als hätten wir die ganze nacht durchgesoffen: so fühlten wir uns, ich und meine festivalbegleiter, als wir uns pünktlich um 14:30 uhr beim auto trafen. in wirklichkeit tranken wir am vorabend (fast) alle brav leitungswasser. werden festivals von jahr zu jahr anstrengender? oder liegts vielleicht wirklich am alter? das kann doch nicht sein. tztz. wie auch immer – ursprünglich war der plan ein anderer, nämlich um 13 uhr losfahren, weil auch eigentlich ein interview mit „von wegen lisbeth“ geplant war – nur deren gig und somit auch deren anwesenheit musste aufgrund von krankheit gecancelled werden. auf absagen folgen timetable-änderungen, aber soweit dachte ich in meinem schlaftaumel nicht. seltsamerweise bin ich während festivals ein anti-facebook-mensch und wenn ich nicht auf die änderung, die via facebook verkündet wurde, von einer freundin hingewiesen worden wäre, hätte ich mich wahrscheinlich vor ort wieder geärgert, dass meine pläne mal wieder über den haufen geworfen wurden. so konnten wir noch rechtzeitig eingreifen und verschoben die abfahrtszeit. ich hatte also noch zeit um zu kochen und konnte auf überteuertes festivalessen verzichten, yay!
in wien war es noch trocken, doch je näher wir dem festivalgelände in wiesen kamen umso stärker setzte der regen ein. das macht natürlich laune auf outdoor-aktivitäten wie musikfestivals, nicht? aber wie sagt man so schön, es gibt kein schlechtes wetter nur schlechte bekleidung. etwas demotiviert schlenderten wir zur bühne und warteten auf den ersten act „aurora“. ich hatte keine ahnung was mich erwartet, weil ich im vorfeld auch nicht reingehört hatte – und wurde sehr positiv überrascht.
eine junge dame aus norwegen stand da auf den bühnenbrettern, die ein bisschen an ein elfenhaftes wesen erinnerte. sie sang sich ihre piepsige stimme aus dem leib, mal mit ruhiger und mal mit schnellerer hintergrundmusik, tanzte in ihrem wallenden weißen rock und benutzte ihre hände, um ihrem gesang und ihrer performance noch mehr ausdruck zu verleihen. anfangs wirkte sie noch schüchtern, aber das legte sich zunehmend – der zuspruch der anwesenden menschenmenge verlieh ihr selbstbewusstsein und sie bedankte sich mehrmals für das aufmerksame zuhören. weiters hatte sie freude an den seifenblasen, die von ein paar zuschauern in die luft geblasen wurden – oh i like bubbles! ja, wir mögen bubbles auch. vielmehr aber mochten wir es, dass aurora so leicht zu begeistern war. das steckte nämlich an. toller nachmittagsauftritt!
ich hatte gar nicht wirklich realisiert, welche acts ich an diesem tag so sehen werde. dass sich als nächstes james hersey auf die bühne bemühte, begriff ich erst kurz vor beginn des konzerts. james hersey mag ich eigentlich, james hersey macht eingängige pop-musik mit independent-charakter. ausserdem durfte ich ihn schon mal interviewen. ja, ich konnte sagen, dass ich mich auf den gig freute.
ganz smooth wurde das set gestartet, das doch sehr zahlreiche publikum wurde zum mitschwingen gebracht und alle ließen sich ganz unterbewusst in den bann von herrn hersey ziehen. plötzlich fand ich mich in den vorderen reihen wieder, tanzend und mit gute laune ausgestattet – obwohl das wetter mies war und obwohl ich dem mädchenschwarm gegenüber eigentlich kritisch bleiben wollte – so wie das selbstbetitelte musikjournalisten eben gern machen. ja, pech – er und seine songs, die gerne frauennamen tragen, haben mich mal wieder überzeugt, ohne aufdringlich zu sein und ohne mir einen grauslichen ohrwurm in den kopf zu pflanzen. gut gemacht, herr hersey.
nach james hersey ging es direkt in die kleine halle – denn ich wollte schon längstens die band „me and my drummer“ sehen. ich weiß gar nicht, warum meine assoziation mit der truppe in die sehr ruhige, bedachte richtung ging, denn als das duo auf die bühne schritt und die ersten töne los ließ, war das alles andere als ruhig.
sängerin charlotte wirkte kratzig, bissig, ja fast ein bisschen unsympathisch. schlagzeuger matze verlor sich beinahe in seinem schlagzeugspiel. sie rockten, sie erzeugten energie, aber mein herz konnten sie irgendwie nicht erwärmen. mit den anwesenden menschen interagieren? lieber nicht. lieber die kühle, schroffe attitüde, die zwar für den einen oder anderen anziehend gewesen sein mag, mich aber eher abschreckte. irgendwie hatte ich was lieblicheres erwartet. ich zog weiter, besser für mich und besser für die band. wer mag schon menschen wie mich im publikum haben, die nur meckern können – eben!
ich bereitete mich auf die nächste band auf der main stage vor – steaming satellites! eine meiner liebsten, österreichischen truppen. kaum waren sie auf der bühne, war die power bis in die hintersten reihen vorgedrungen – so gut! mir gefielen vor allem die bewegungen auf der bühne, mit der sie ihre songs unterstrichen und auf ein dynamisches level brachten.
ihre breite hitpalette zog wieder alle register: angefangen bei dem älteren stück „witches“ über meinen persönlichen favoriten „spaceships“ bis hin zu „honey“ und „how dare you“ – stimmige rockmusik, die mich gefangen nahm und nicht mehr los lassen wollte. ja, ich bin fan, das kann ich kaum verleugnen. aber das publikum konnte es ebenso kaum verbergen, dass sie spass an ihrer musik hatten. ein schöner und viel zu kurzer auftritt der salzburger. ich freu mich schon aufs nächste konzert!
ich hatte das gefühl, dass am samstag viel mehr los war, als am vortag. das lag wahrscheinlich nicht nur am immer noch andauernden regen, der es nicht möglich machte, sich gemütlich in die wiese zu setzen, und deswegen das publikum vor den bühnen zusammenpferchte – sondern wohl auch an der bandauswahl. gerüchten zufolge war ein großteil der menschen ja wegen annenmaykantereit da. das konnte ich aber bis zu diesem zeitpunkt noch nicht bestätigen – ich war auf jeden fall für die nächste gruppe da: band of skulls. mein hauptgrund, den weg nach wiesen auf mich zu nehmen.
schon als dritter song schallte „i know what i am“ durch die boxen und ließ ein erstes „wow“ durch die reihen gehen. band of skulls waren hart, vielleicht fast ein bisschen zu hart für den rest des line ups. sie rockten, sie schmissen mit gitarren-riffs um sich, sie zeigten der crowd was rock’n’roll bedeutet. ich fand das sensationell, erfrischend, ich war hin und weg. nur das restliche publikum schien irgendwie unbeeindruckt. gut, die gruppe war nun auch nicht die kommunikativste am timetable, aber sie gingen ab, sie legten sich ins zeug. das kam aber beim augenscheinlich dream-pop-verwöhnten publikum nicht wirklich an.
wie auch immer: für mich waren sie das highlight des festivals. denn vor allem die nummer „death by diamond and pearls“ ist eine der besten ever. ich hab die live-version gefeiert, trotz patzer. soviel power, soviel reduziertheit, so auf den punkt gebracht – eine nummer die mitreisst und nachdenklich macht gleichzeitig, die dich lachen und weinen lässt, ein wechselbad der gefühle in liedform. wunderbar!
es war schwierig: ich hatte gerade meinen persönlichen, musikalischen höhepunkt erlebt und musste mich trotzdem auf die nachfolgenden acts konzentrieren. ausruhen, saufen gehen oder sonstiges war nicht drin. ich tat mein bestes. ab zu johnossi auf der second stage! ich hatte die band bereits einmal am frühen nachmittag eines festivals erlebt und konnte mir so gar nicht vostellen wie es werden würde, die musik bei dunkelheit zu hören. aber es war okay. es war sogar mehr als okay!
der blonde sänger john bemühte sich um die gunst der menschenmenge und er und sein kompane am schlagzeug fanden durchwegs anklang. mich plagte aber mal wieder ein hungergefühl und ich machte mich auf den weg zu den guten alten dukaten-chips, direkt neben der second stage. also speisten wir, hörten johnossi zu und waren rundum zufrieden. bestes festivalgefühl, wenn man hunger stillt und gleichzeitig von schöner rockmusik beschallt wird.
wir machten uns irgendwann wieder auf den weg zur hauptbühne, denn die heimlichen headliner „annenmaykantereit“ waren kurz davor durchzustarten. und ich musste die ja endlich mal sehen, da ich bis zu diesem zeitpunkt jeden auftritt versäumt hatte.
mit markanten, tiefen stimmen ist es ja immer so eine sache: entweder man liebt sie oder man hasst sie. während den ersten drei songs tat ich mir wirklich schwer – ich wollte zuhören, ich wollte dass es mir gefällt, dass es mich vor grandiosität umhaut. aber ich konnte dem sänger einfach nicht mein gehör schenken. seine stimme machte mich wahnsinnig, ich bekam halsweh bei dieser tonlage. ähnlich wie bei casper, ist die bühnenpräsenz der burschen wirklich unschlagbar – dafür erst mal respekt – aber die stimmfarbe tut mir einfach weh. das tut mir persönlich sehr leid, weil ich der band wirklich eine chance geben wollte, bei mir anzukommen. aber es ging einfach nicht. ich musste gehen und der guten stimmung den rücken kehren. sorry an alle annenmaykantereit-fans.
ihr dürft sie natürlich lieben, verehren, die stimme hochpreisen und ihr dürft euch an den fotos erfreuen.
mir kam es wirklich entgegen, dass während dem annenmaykantereit-set die nächste band auf der second stage an der reihe war – nämlich the strypes. wieder eine band von der ich genau gar nichts kannte, nach mal deren existenz. deswegen war es umso spannender was kommen würde. und zack: mega-überraschung! sie waren wie die ganz frühen arctic monkeys: super-jung, super-indie-rockig und super-motiviert! und ein zitat hörte ich noch: „sie hören sich an wie wildgewordene beatles“ – da mag was dran sein!
the strypes waren auf jeden fall perfekt dafür geeignet um nochmal zu shaken und um nochmal rock’n’roll in den körper fliessen zu lassen – denn mit dem letzten act würde es tanztechnisch wohl in eine andere richtung gehen. zumindest war das meine vermutung.
das festival verging rasend schnell, wir blickten uns um schon war es zeit für die letzte gruppe des abends: crystal castles. ich wusste nicht was mich erwarten würde, ich wusste nur, dass ich einen song sehr gern mag, weil mich der an meinen amsterdam-trip letztes jahr erinnert (nämlich dieser hier). deswegen freute ich mich grundsätzlich auf die formation. als es dann aber los ging, die stroboskope das ganze festival vereinnahmten dachte ich nur: was ist das?
nicht nur ich stand etwas ratlos da. viele verließen das gelände, eine traube an menschen wollte aber trotzdem wissen wie es weitergeht. die pink-haarige sängerin wirbelte umher und wirkte sehr sonderbar. generell alles wirkte wie auf einem drogen-trip, nur eben ohne drogen. zumindest in meinen kreisen waren keine substanzen unterwegs. da all meine festivalbegleiter mich baten, nachhause zu fahren, weil wir „eh nichts mehr verpassen“, gab ich dem wunsch nach. ich haute noch 15 minuten verweilzeit (bzw becher zurückbring- und klogeh-zeit) raus und dann hauten wir ab.
liebes out of the woods festival, der zweite tag war viel besser, trotz schlechterem wetter. es kam mehr stimmung auf, und alles wirkte entspannter (fast alles). leider zog das festival eher nur eine spezies mensch an (nämlich den typ ‚cooler ich-hör-nur-unbekannte-bands-hipster‘) und setzte eher auf nischendasein als auf breitenwirkung. was ein bisschen gefehlt hat? eine stadthallen-band. die größen, die ziehen, die live-shows im blut haben. es ist zwar superschön und supernett b72-bands auf ein festival zu holen, aber masse wird dann wohl doch eher mit großen namen generiert. band of skulls waren super, genauso wie steaming satellites – schön dass ihr die nacheinander auf den timetable gesetzt habt. nur der „big name“ hat eben noch gefehlt. und sonst: danke dass ihr die dukaten chips am leben gelassen habt. und die kebab-bude.
Schon immer wieder komisch, wie krass da die Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich sind. Bei uns spielt Aurora z. B. viel später am Abend und AnnenMayKantereit sind nicht selten Headliner. Also würden die hier auf einem Festival spielen, würde ich nicht unbedingt von unbekannten Bands sprechen. Aber bei Me And My Drummer muss ich dir recht geben. Sie wirken kühl und arrogant, früher waren die live tatsächlich lieblicher.
ich glaube in österreich liegt das tatsächlich an der radiothematik: entweder du bist rihanna, katy perry, coldplay etc um beim mainstream-radio ö3 gespielt zu werden und somit 10.000er hallen zu füllen, oder du bist super independent um bei fm4 gespielt zu werden und bist für konzerte bis 200 leute interessant – dazwischen ist eine leere, die kein radio in österreich auffüllt. leider. und musikfernsehen ist ja auch seit langer zeit tot.
vereinzelt mögen musikliebhaber zwar auf manche bands aufmerksam werden und durch mundpropaganda, kleine festivals und konzerte sowie online auf facebook einen kleinen hype kreieren können – aber dass sich 8000 leute auf den weg in eine festivallocation mitten in die pampa machen, für bands, die nicht im mainstream-radio gespielt werden und dann noch für 2 tage 120 euro hinblättern sollen? das passt irgendwie alles nicht ganz zusammen. 🙁
Hm. Also was das Radio betrifft sind wir hier, glaub ich, auch nicht besser dran. Wobei aber z. B. mein Lieblingssender egoFM auch Bands spielt, die definitiv vor mehr als nur 200 Leuten auftreten. Da läuft auch Macklemore.
Die Ticketpreise für Festivals sind bei uns allerdings teilweise auch echt happig. Es gibt zwar welche, bei denen zahlst du gerade mal 40 Euro, bei anderen widerum über 100 Euro, bekommst auch keine bekannteren Bands zu sehen und musst irgendwie ne Möglichkeit finden an Arsch der Welt zu kommen.
Aber wahrscheinlich gibt’s da von Land zu Land eh generell Unterschiede, je nach Vorlieben der Masse. Allerdings dachte ich immer, dass Deutschland und Österreich sich da schon sehr ähnlich wären 😀
hmmm. ich kann nur soviel sagen: ich hab früher extrem gern „das ding“ geschaut, nicht nur wegen der vorgestellten bands usw. sondern weil auch was von festivals gebracht wurde. ich kannte zu einem gewissen zeitpunkt in meinem leben mehr festivals in deutschland als in österreich. was ich damit sagen will: die promotion von festivals in deutschland kommt mir gerade via tv und radio viel mehr vor. klar, größeres land usw, trotzdem sollte gerade in österreich medientechnisch viel mehr passieren.
in österreich gibt es gerade mal einen musiksender (gotv), der auch immer schlechter wird. und sonst tv-technisch genau gar nichts. radiomäßig gibts ganz kleine stationen, die aber einfach keine oder nur wenig reichweite haben. die beiden big player (ö3 und fm4) stehen eigentlich in keinem vergleich. ö3 promotet die ganzen großen katy perrys und fm4 die kleinen leyyas.
somit ist für „laufkundschaft“ das festival uninteressant. leute, die gern auf ein festival gehen würden, es dann aber nicht tun, weil sie eh keine band kennen, weil nichts davon in den größeren medien vorkommt. und dann ist das festival auch noch teuer und dann gehen sie lieber aufs dorffest.
würde in größeren medien mehr passieren, würden die festivals besser besucht werden, würden die arbeitsplätze in der musikbranche steigen und besser bezahlt werden usw. – es wäre ein positiver verlauf, aber österreich will kultur, gerade musik, gern verbergen und hält sich an falco und andere längst vergangene helden fest. so kann das nichts werden.