die erste reaktion auf die nachricht, dass ich eine mitfahrgelegenheit zum festival hatte, war riesengroße vorfreude. als dieses positive gefühl langsam abschwächte meldete sich die vernunft, die sagte: der freitag-nachmittagsverkehr in wien ist kein zuckerschlecken. und auch nicht der verkehr rund um wien. und sowieso, sind wir denn eigentlich komplett bescheuert, dass wir mit dem auto fahren? aber autos sind gemütlich, klimatisiert und im normalfall ist man schneller am ziel als mit einem öffentlichen verkehrsmittel. im normalfall. aber nicht freitag nachmittag!
wie auch immer, die fahrt dauerte relativ lang, im stau stehen durften wir auch. aber ich war tiefenentspannt und freute mich auf das harvest of art festival in wiesen. weil es dort einfach so schön ist. und sowieso und überhaupt. wir kamen gegen dreiviertel 5 an und mischten uns erst mal unters volk. allzu viel war vor der bühne noch nicht los, aber das war auch gut so, sonst hat man nur das gefühl, dass man etwas verpasst hätte. haben wir aber nicht. die meisten menschen saßen in der wiese und genossen die sonne. und natürlich die musik von curtis harding.
aber wer ist dieser curtis harding? auf den ersten blick sah er aus wie ein überbleibsel aus den 70ern, zumindest hatte er eine unverkennbare discofrisur aus diesen zeiten. auch die musik mitsamt gesang klang wie aus ein anderer zeit, diesen funkigen soul kann ich irgendwie nicht mit unserer heutigen zeit in verbindung bringen. was nicht heißt, dass es schlecht war, im gegenteil. vielleicht war es sogar der beste nachmittagssound den man sich wünschen konnte. mit ein bisschen groove, ein bisschen gefühl und fröhlichkeit. unsere gedanken kreisten aber erst mal nur um eine sache: etwas zu trinken holen!
was ich diesen sommer bereits gelernt habe: wie angenehm umbaupausen sind! man hat zeit aufs klo zu gehen, ein gelände zu erkunden, getränke und essen zu holen, sich zu unterhalten oder einfach nur mal kurz in die wiese zu setzen. auch diesmal wurde mir wieder bewusst, wie sehr mich das „rock in vienna“ anfang juni mit dem non-stop-programm gestresst hat, oder auch die elektronischen festivals, bei denen nur ein tisch verrückt werden muss und es dann in sekundenschnelle wieder weiter geht. eine kleine pause zwischen den acts tut wirklich gut. danke wiesen, dass du uns zeit zum atmen lässt.
vor allem aber auch kann man sich länger auf künstler freuen, ist angenehm angespannt und aufgeregt und zählt die minuten bis zum auftritt. bei mir war das vor allem bei der nachfolgenden band „nada surf“ so. denn diese herrschaften begleiten mich bereits eine halbe ewigkeit mit ihrer musik und waren eigentlich der hauptgrund für mich zum festival zu fahren.
als die herren die bühne betraten, war ich völlig aus dem häuschen. die band aber leider nicht. irgendwie fehlte ihnen der antrieb. sie spielten zwar ganz brav ihre songs, aber zu beginn konnten sie sich nicht mal selber mitreissen. auch der sonst wortgewandte und witzige frontmann matthew caws sprach relativ wenig bis gar nicht. ich war ein bisschen traurig, denn ich wusste, die band kann unglaublich gut sein, wenn sie es wollen. erst in der zweiten hälfte, ab „inside of love“ und einem immer lauter werdenden applaus, tauten auch die musiker auf.
und dann gaben sie endlich gas, holten nochmal alles raus, spielten „popluar“, „always love“ und das fantastische „blankest year“ und matthew caws setzte endlich auf interaktion. huch, gerade nochmal gut gegangen. die anwesenden menschen waren begeistert, ich letztendlich auch. um eine haaresbreite.
wanda waren als nächstes an der reihe und wir stellten uns die frage, ob es voll werden würde oder aufgrund der uhrzeit lockeres stehen möglich wäre. zur sicherheit ein plätzchen ganz vorne gesichert. als die wandas auf die bühne kamen, um den sound zu checken, hätte man meinen können, internationale superstars wären gerade on stage, so unendlich laut wurde gekreischt, schon beim alleinigen anblick der wiener band.
und ich weiß, ich hab nun schon so oft über die band geschrieben, und so oft passierte eigentlich immer das gleiche und trotzdem oder gerade deswegen, sind sie so mitreissend, elektrisierend, herzerwärmend! nach zig auftritten beginnen sie immer noch mit „luzia“ und marco michael wanda plappert immer die gleichen sprüche ins mirko und trotzdem: als er fragte, wohin die post geschickt werden soll, ertönte es lautstark „ins spital“ und alle hatten ein lächeln im gesicht. vielleicht geht dieses spiel irgendwann nicht mehr auf, aber noch funktioniert es einwandfrei. jedes einzelne wort konnte mitgesungen werden, die weinflaschen auf der bühne balancierten zwischen edel und abgefuckt, der herr sänger tanzte und warf sich zu boden. soviel leidenschaft, soviel einsatz, von anfang bis ende – von seiten der band sowie auch vom publikum. man schafft es nicht still zu stehen.
absolute highlights: das unglaublich laute und feiernde publikum, marco michael wandas crowdsurfing um sich eine tschick zu erschnorren, ein drumsolo, „bologna“ und „luzia“. eh, immer das gleiche, aber auch immer wieder so gut!
ich für mich kann nicht genug bekommen, träume von stehengelassenen weinflaschen und schnaps, von einem leichtsommerlichen, italienischen lebensgefühl und vom wiener grant. für mich ist die band immer noch authentisch, nimmt sich selbst nicht zu ernst, hat immer die gleichen, kaputten klamotten an, tanzt manchmal peinlich aber mit begeisterung. diese wurschtigkeit kennt man vielleicht vom französischen „laissez-faire“ – und sie ist endlich in österreich angekommen. einfach mal nicht aufregen, sondern ein glaserl wein trinken. amore!
kaum waren die wanda-menschen fertig, leerte sich der zuschauerbereich. hui – das ist aber nicht gut für „belle & sebastian“. auch die aufforderung „schreib ja was gutes über belle & sebastian“ gab mir zu denken. wenn sie gut sind, kann ich ja sowieso nur positiv darüber berichten oder gibt es zweifel? die erste unmutswelle spürte man bereits bei den ersten songs: es passierte so gut wie nichts auf der bühne. sänger stuart versteckte sich hinter einem piano, die übrige band war steif und starr auf den rest der bühne aufgeteilt.
ihre musik klang nett, schön, folkig, poppig und hübsch – aber für diese uhrzeit als co-headliner nach einem power-programm von wanda leider absolut unpassend. nach curtis harding hätten sie spielen sollen, das wäre der bessere slot für die truppe gewesen. so war das halt eher ein bisschen ernüchternd anzusehen.
zwischenzeitlich musste ich den gastro-bereich aufsuchen. kräfte tanken für den headliner. als es wieder zurück ging, staunte ich nicht schlecht als endlich etwas außergewöhnliches passierte: die gruppe holte fans auf die bühne um mit ihnen zu tanzen und zu singen. och, ein schönes bild! und gerade noch ihren gig gerettet.
zu guter letzt: bilderbuch. weniger gekreische als bei wanda, aber eine ziemlich beachtliche anzahl an menschen waren anwesend. mit „willkommen im dschungel“ ging es los und diese nummer fand ich als start in ein set schon mal nicht schlecht. vermutlich war aber am anfang die musik gar nicht so wichtig, denn die blicke und die gedanken ließen sich nur schwer von der goldenen glitzer-hose des frontsängers maurice abwenden. aber egal. es ging weiter mit „schick schock“ und auch diesen song fand ich ganz gut, weil er treibend und eingängig ist. ich tat mir allerdings schwer ein hübsches foto von den jungs zu machen – durch ihre wilden schick schock bewegungen waren sie irgendwie nie in sehr vorteilhaften posen und ich habe leider den anspruch an mich selbst, künstler hübsch abzubilden. hmpf.
nach dem etwas älteren song „karibische träume“ folgte „spliff“ und ich konnte mich nur sehr schwer mitreissen lassen. ich finde die aktuelle platte okay, aber nicht weltbewegend. und wenn man etwas nicht sooo gerne hört, ist es auch live eher mittelprächtig. es war ein bisschen wie eine bootsfahrt, bei der man nicht aussteigen möchte, weil alle ausstiegsstellen so ranzig wirken. erst ab „ein boot für uns“ (haha welch wortspiel) war ich wieder positiver gestimmt und wollte mich auch zur musik bewegen. „plansch“, „maschin“, „kopf ab“ und „om“ hörte man im endspurt und dann kam auch endlich bis nach hinten bewegung ins publikum. davor sah ich eher wenig bis gar keine partystimmung. aber wer kommt bei dieser unendlichen coolness von bilderbuch auch in aufgeheizte feierstimmung? eben.
highlights: ein trommelsolo, der rap-part von „adi ulmansky“ und das gitarrensolo bei „plansch“. ansonsten war ich eher weniger beeindruckt. ich fand bilderbuch bei ihrem auftritt im september 2013 im wuk so grenzgenial und erfrischend und alles was danach kam wirkte auf mich gespielt, übertrieben, unecht. auch wenn ich die alten sachen immer noch liebe, die wortspiele und texte verehre: für mich ist bilderbuch leider nicht mehr das, was es mal war. der funke springt nicht mehr über. ich wünschte es wäre anders.