das desertshore festival, ein festival für abenteuerliche musik und gedanken, fand zum dritten mal im volkstheater statt und lieferte höhepunkte wie „the kvb“ und „the notwist“.
ende november/anfang dezember war es soweit: das „desertshore festival“ ging zum dritten und leider auch zum letzten mal über die bühnen des volkstheaters. das konzept: eher ungewöhnliche musik im großen saal, ein eröffnungstalk und kleinere band/dj-projekte in der roten bar, visuals/kunstinstallationen in zwischenräumen und noch eine kunst/soundinstallation in der dunkelkammer. das angebot war also äußerst vielfältig und einladend. und genau deswegen pilgerte ich samstag sowie sonntag abend in dieses äußerst schöne gebäude mitten in wien.
30.11.2024 | rosa anschütz, the kvb, arab strap
zugegeben: ich kam etwas gestresst und viel später als gedacht ins volkstheater, also verpasste ich den eröffnungstalk und hatte auch keine zeit mehr in die dunkelkammer zu huschen. ja, manchmal soll es einfach nicht sein. also ging ich es ruhig an und setzte mich einfach in den großen saal – um runter zu kommen und um mich vorzubereiten auf die erste musikalische darbietung des abends.
die erste künstlerin auf der großen bühne war „rosa anschütz„. sie kam im silbernen kleid auf die bühne und hatte eher ein minimalistisches setting. ihr laptop war ihr musikinstrument, ihre stimme ihr alleinstellungsmerkmal. sie breitete ihre stimme in alle möglichen richtungen aus, aber ebenso ihr arme. im hintergrund waren die immer gleichen pailletten-visuals. alles passte zusammen, alles war sehr artsy und trotzdem saß ich manchmal da, und wusste nicht wohin mit mir und meinen gedanken: gefiel mir das gebotene nun, oder doch nicht? die mission des festivals war jedenfalls bei mir bereits erfüllt, ich hatte „abenteuerliche gedanken“.
nach meinem stressigen ankommen, entschied ich, mir das weitere, gesamte festival lang einfach keinen stress mehr zu machen. ich wollte keinen musikalischen act verpassen, deswegen verzichtete ich auf getränke denn: mit getränken durfte man nicht in den saal und die pause von 30 minuten reichten nicht aus für an-der-bar-anstellen und schnell-austrinken.
die türen zum großen saal wurden pünktlichst geschlossen und es war an der zeit für die zweite musikalische darbietung des abends, nämlich jene von „the kvb„. ich hatte keine erwartungen, aber als das duo auf die bühne kam war das richtig einnehmend. das zusammenspiel zwischen nicholas wood an der gitarre und kat day am synthesizer und anderen elektronischen geräten war beeindruckend anzusehen – beide verrenkten sich während dem musizieren, schüttelten ihr haar und legten sich richtigen rein in ihre performance. die stimmen, die gitarre, die synths, die beats, die musikeffekte und die verschiedenen visuals machten mal futuristische und manchmal wüsten-stimmung. ihre musik wirkte viel rockiger und abwechslungsreicher, als ich befürchtet hatte und ich fand es angenehm, dass nicht nur nicholas sang, sondern auch kat einmal das mikrofon an sich nahm und allen die spuke wegblieb.
„the kvb“ hatten die latte so hoch gelegt, dass die nachfolgende formation „arab strap“ eigentlich nur verlieren konnte. sänger aidan moffat wippte hin und her, sprach mehr über die musik als er sang und der grundton wirkte eher düster, selten freudig. das bühnenlicht war immer mal wieder äußerst schön, aber das konnte den auftritt nicht unbedingt retten. mir war das insgesamt zu wenig um begeisterung in mir auszulösen, ich versteh trotzdem jeden, der „arab strap“ feiert – es gibt bestimmt stimmungen, zu denen diese art von musik passt und man nichts anderes hören will.
01.12.2024 | joanna gemma auguri, the notwist
der zweite festivaltag hatte weniger programm, was mich nicht störte, immerhin war es sonntag abend und lange ausgehen war sowieso nicht drin, wegen der beginnen arbeitswoche am tag darauf. ich war wieder gegen 19:30 uhr im volkstheater, schmiss mich in die erste reihe im großen saal und wartete auf die erste darbietung des abends. wieder verzichtete ich auf getränke, die zeit wollte ich mir nicht nehmen.
als „joanna gemma auguri“ das bühnenparkett betrat, erinnerte sie mich sofort an meine volksschullehrerein (hallo fr. granzer!) – die sah genauso aus, und nach längerem beobachten, hatte joanna gemma auguri auch ein bisschenen einen ähnlichen umgang mit ihrer band wie eine lehrerin mit ihren schülerinnen. aber grundsätzlich war joanna gemma auguri natürlich cool – sie wechselte oft die instrumente, erzählte interessante geschichten (zum beispiel, dass die zither erfunden wurde, weil sich leute früher kein klavier leisten konnten) und sie sammelte sympathiepunkte beim wiener publikum für ihre begeisterung wegen der morbiden art in wien. oh, und ihre musik war natürlich auch ganz okay!
ich liebe „the notwist“ und die letzten notwist konzerte die ich gesehen hatte waren alle absolut umwerfend in ihrem setlist-aufbau. meine erwartungen waren also dementsprechend hoch! und zunächst begannen sie sehr vielversprechend. aber je weiter das set voran schritt, desto mehr verschwanden meine hoffnungen, dass die deutsche band auch diesmal den umwerfend-status erreichen würde.
ich hatte das gefühl, sie würden die bühne im volkstheater nicht ausnutzen – bei ihrem letzten gastspiel im volkstheater gab es so unfassbar tolle visuals und diesmal gab es „nur“ licht und viele bewegungen und ausgefallene instrumentierung – aber visuell war das trotzdem nicht das, was möglich gewesen wäre. mir fehlte dieser hingucker auf dieser riesen bühne, mir fehlte dieses wow-erlebnis für die letzte band im großen saal. klar, sie spielten einige meiner lieblingslieder und dafür war ich dankbar, aber da war diesmal dann leider doch luft nach oben. oder wurde dieser weg absichtlich eingeschlagen, weil das desertshore festival einfach mal andere gedanken hervorrufen sollte und nicht die zufriedenen standard-gedanken?
nach dem auftritt von the notwist war ich müde und trat den heimweg an. und ich war ein bisschen enttäuscht von mir selbst: ich hatte kein einziges konzert in der roten bar gesehen geschweige denn den eröffnungstalk, ich war auch nicht in der dunkelkammer. ich habe die hälfte des festivals nicht erlebt, aber andererseits, wäre das überhaupt möglich gewesen?
was blieb war ein ambivalentes gefühl – das konzept ist so unfassbar großartig gewesen und die umsetzung und durchführung doch so schwierig. die ewige entscheidung zwischen ein-getränk-zu-sich-nehmen oder ein konzert sehen, war wahrscheinlich die furchtbarste für mich. ich hatte mich immer für die konzerte entscheiden und verpasste vielleicht einen austausch über abenteuerliche gedanken bei einem getränk. ich hoffe jedenfalls, dass es irgendwann wieder irgendetwas in diese richtung geben wird, inklusive der berücksichtigung menschlicher bedürfnisse. ich glaube dann kann es wirklich spannend und abenteuerlich werden!