obligatorische hitze, obligatorischer regen – das lido sounds festival in linz lud einmal mehr zu einem abwechslungsreichen wochenende, nicht nur wettertechnisch!
ich durfte in die großen fußstapfen von andrea treten und sie, während sie auf dem glastonbury vermutlich the time of her life hatte, an zwei tagen auf dem diesjährigen lido sounds in linz vertreten. dass es noch einige verbindungen mehr zum glasto geben wird, wusste ich, als ich samstag nachmittag meinen presse pass umgehängt bekommen habe, noch nicht.
ich war bereits letztes jahr privat dort, was gab es dieses jahr also neues? einen ganzen weiteren festivaltag zum beispiel! so ist das lido sounds festival 2024 bereits am donnerstag mit acts wie kings of leon und the kooks ins wochenende gestartet. ich war zufällig auch spontan bei den „kings of leon“ dabei und man kann von ihnen mittlerweile halten, was man will, aber keine band gibt mir so krasse nostalgie vibes und das gefühl der freiheit aus 2008-2010 wieder wie sie (grade mit dem abi durch und auf reisen, beginn des studiums…). ein schönes konzert mit vielen alten bangern aber auch den zugpferden des diesjährig erschienenen albums „can we please have fun“. auch wurde das gelände zur donau hin um einige lang ersehnte schattenplätze und sitzgelegenheiten, sowie mehr unterständen erweitert. hüte, sonnencreme, fächer und regencapes wurden zudem en masse verteilt. denn eines gibt’s beim lido scheinbar mit garantie: drückende hitze und mindestens einen regenguss plus gewitter. der erste heftige schauer sorgte bereits am donnerstag nachmittags für eine verzögerung des programms und den ausfall der band „coverrun„.
ansonsten wurden gott sei dank die laufrouten vom gelände geändert, auch weil man dieses jahr ein aftershow programm – die sogenannten „fm4 lido nights“ – auf der anderen donauseite mit z.b. „blümchen“ und „großstadtgeflüster“ angeboten hat. so musste man nicht mehr gedrängt entlang der donau das gelände verlassen und kam zügig und problemlos zu den öffis bzw. seinem auto zurück. eine letzte neuerung war die ahoi! pop summer stage, die im gegensatz zum letzten jahr keine zeltbühne mehr war, sondern einer der hauptbühne sehr ähnlichen, aber kleineren open air bühne gewichen ist. alles in allem wirkte das lido gut organisiert, vorbereitet und man hat (bis auf die immer noch viel zu wenigen trinkwasserstellen) gemerkt, dass auf besucher*innenwünsche vorm vorjahr eingegangen wurde. von essen/trinken/wc bis ton & technik gabs von meiner seite aus sonst wirklich nichts zu meckern.
aber kommen wir zum wichtigen – den bands. ich war samstag und sonntag vor ort, habe somit leider den freitag mit u.a. „hozier„, „gossip“ und „deichkind“ verpasst. aber das hat dem ganzen keinen abbruch getan, schließlich sollte ich effing mike skinner von ganz nah sehen und ablichten dürfen, und mehr kann man vom leben auch eigentlich nicht erwarten meiner meinung nach.
29.06.2024 | 01099, k.i.z., nina chuba, kraftklub
„01099“ aus dresden war mir bis dahin ein mysterium, weil sie auch einfach komplett außerhalb meiner hör-bubble stattfindet. ihren bekanntheitsgrad haben sie von tiktok, und ich verstehe total, dass ihr gutbürgerlicher braver chillo hiphop auf deutsch dort und auch live gut bei ihrer audience ankommt, aber grün werde ich damit nicht, das ist mir zu seicht und belanglos. aber dem publikum hats gefallen, in den ersten reihen gingen die arme gut im takt mit und es wurde trotz unchristlichen temperaturen und dem „frühen“ tageszeitpunkt gehüpft.
nach einer kurzen orientierungspause fand ich mich im graben zu „k.i.z“ ein. ich hatte zwar meine ärgste deutschrap-phase schon etwas hinter mir gelassen, aber ich glaube tarek, maxim und nico werden mich niemals nicht mit ihren gangster-lyrics abholen. auch kann ich ihre „nur für frauen konzerte“ wärmstens weiterempfehlen, wer gern mal ungestört (!) im bh im moshpit sein mag: this is your chance! so war ich schon sehr hibbelig, als die ersten massen an nebel um die phallusartigen kristall gebilde geblasen wurde, die das bühnenbild darstellten. so ganz blicke ich bei ihren vielen releases derzeit nicht mehr durch, aber das set hatte eine gute mischung von älteren hits wie „hurra die welt geht unter“ oder „ein affe und ein pferd“, aber auch ganz neue stücke von den erst die woche zuvor erschienenen alben „görlitzer park“ und „und der anschlag auf die u8“, wie z.b. „sommer meines lebens“. vor der bühne war es gerammelt voll und spätestens als maxim nur noch barfuß auf der bühne tanzte und sich immer wieder vorn zu den fans bewegte, gab’s kein halten mehr.
wer war wieder da? „nina chuba„! und das mit recht. nach ihrem hit „wildberry lillet” knüpfte die rapperin direkt an ihren erfolg an und startete auch das set am lido mit richtig wumms und dem song „nina“. der platz musste sogar abgesperrt werden, so voll war es vor der bühne, ich kam schon kaum nach vorn durch, um fotos zu machen. die fans kamen voll auf ihre kosten, auf der bühne war eine menge los mit tänzerinnen und band aber auch, als nina sich z.b. mit in den moshpit vorne rein warf. ich habe ohnehin einen sehr großen stein im brett für flinta artists, aber dieses konzert hatte mich extrem happy und wholesome zurück gelassen. eine wirklich tolle und sympathische künstlerin, die sich auch nicht scheut, themen wie psychischen erkrankungen in ihrer musik anzusprechen und diese auch live ohne der stimmung abbruch zu tun, rüber zu bringen.
und irgendwann war es dann an der zeit für das konzert von „kraftklub„. ich muss ja zugeben, dass ich, obwohl ich früher großer fan war und auf einer der ersten touren verschwitzt im muk in gießen zu „scheiß in die disco“ abgetanzt habe, ich mittlerweile team „alles von kraftklub klingt gleich“ bin. ich war daher eher skeptisch, was mich erwartet. vor der bühne hatten sich schon bei k.i.z die ersten fans in kraftklub shirts eingefunden, diese sah man jetzt wirklich überall. die chemnitzer band rund um frontmann felix kummer betrat nach dramatischen vorhangfall direkt mit „in meinem kopf“ die bühne und haben das publikum instant mit löffeln gefressen. es folgten alte hits wie „unsere fans“ und „chemie chemie ya“. dann durfte ein song am glücksrad erdreht werden („blau“) bevor sich die band auf die akustikbühne mitten im publikum begab um dort den balladenteil des sets zu spielen und spätestens bei kummers soloauskopplung „bei dir“ hatten sie mich auch und vielleicht kullerte eine heimliche träne, während sich links und rechts von mir die pärchen in den armen lagen. erstaunt war ich auch über mich selbst, dass ich „500k“ immer noch komplett mitrappen konnte, das publikum vorn hat auf jeden fall gekocht ohne ende, auch weil felix sich crowdsurfend zurück zur bühne bewegte. ich werd vermutlich kein riesenfan mehr wie zu studienzeiten, aber dieses konzert hat wirklich spaß gemacht und ein gutes gefühl hinterlassen, als alle zu robbie williams „angels“ singend das gelände verließen.
30.06.2024 | salò, team scheisse, soap & skin,
eigentlich sollte der slot am samstag nachmittag von kaffkiez bespielt werden, die mussten aber leider wegen krankheit absagen und so fand man guten ersatz mit „salò„, der schon letztes jahr am lido gespielt hatte, ein alter hase quasi. trotz hitze waren schon einige fans am start und frontmann andreas binder zeigte mal wieder wie man eine menge abholt und tanzt. er schreite wie gewohnt ekstatisch zum post-punk dada sound zu songs wie „apollonia sitzt bei edeka an der kasse“ oder meinem persönlichem favorit „glock 17“, aber auch den neueren singles wie „internetfreundin“ und auch einem bisher nicht veröffentlichtem song wurden performt. nach dem konzert wedelten die fächer im publikum nicht ohne grund noch um einiges mehr.
nach einer selbst erlegten zwangspause wegen zu viel hitze, ging es zur ahoi! pop stage zu der bremer band „team scheisse“ mit dem wohlklingenden bandnamen, den man wohl kaum aus dem kopf bekommt. team scheisse sind alles andere als ihr name und so startete die punkband, die im februar schon das flex ausverkaufte, direkt rein mit „rein ins loch“ und krachern wie „schmetterling“, bei dem sich das publikum spätestens zu moshpits hinreißen ließ. man konnte auch ein zwei als schmetterling verkleidete superfans in der menge erspähen und es wurden die für die band typischen (und ziemlich nicen) flinta* moshpits eröffnet. leider waren die überschneidungen am sonntag wegen der 22 uhr sperrstunde ärger als am vortag und so musste ich vorzeitig gehen und konnte „fa“ nur von weitem mit anhören.
anja plaschg aka „soap & skin“ trat mit orchester auf die bühne und bot im abendlicht eine absolut emotionale show. ihre stimme wurde mit der tiefe der instrumente untermalt und machten sofort gänsehaut und nicht nur die, die sich schon am eingang auf den gig gefreut haben, waren hingerissen, sondern auch die menschen, die eigentlich auf dem weg zur hauptbühne waren, blieben stehen und lauschten gebannt. was für ein kontrast zu allem was ich die beiden tage vorher gesehen hatte. ein unglaublich schönes, melancholisches konzert, das mit einem cover von rammsteins „sonne“ endete, das an intensität wohl kaum zu übertreffen war.
anzugspflicht, auch bei über 30 grad! die fünf schweden von „the hives“ kamen geradezu ehrwürdig nach viel zu langer zeit zurück auf die österreichische bühne stolziert. ich dachte mir noch „bitte lass pelle almqvist heute nicht ganz so viel mist zusammen reden“, als derselbe an mir vorbei stürmte und ein schild mit „more energy“ den leuten in der ersten reihe ins gesicht hielt. wie gewohnt tanzte, sprang und kletterte pelle zu hits wie „main offender“ oder „walk idiot walk“ über die bühne und ich war auf einmal wieder 19 jahre alt und stand gedanklich bei rock am ring mit viel zu teurem bier an der main stage. good times!
„dieser moment wird auf ewig in meinen frontallappen tätowiert sein“ schrieb ich in meine insta story und genauso war es. ich liebe die band „the streets“ rund um sympath mike skinner schon so lange und dass sie direkt vom glastonbury ins beschauliche linz kamen, war für mich immer noch surreal. am tag davor sangen kraftklub noch „verdammter mike skinner!“ und ja verdammt, der mann weiß, wie man mit einem publikum interagiert. er war ab song zwei eigentlich kaum noch auf der bühne zu sehen und hatte sogar eine kleine leiter aufgestellt, um besser rauf und runter zu klettern. ganz lässig macht er selfies mit fans und stellte sich vor mit „hi, i am mike, pleased to meet you!“ alsbald suchte er sich noch einen starken nüchternen mann, auf dessen schultern er dann durch die crowd tanzte. die setlist war eine gute mischung aus upbeat songs und balladen der letzten 20 jahre und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es hat mir bei „dry your eyes“ nicht komplett das herz in 1000 teile zerbrochen. danke, du verdammter mike skinner, das ist eine core memory.
auch die „idles“ wurden fresh eingeflogen vom glastonbury festival, der kontrast in linz muss für die band schon sehr lustig gewesen sein, so war auch im vergleich zum ausverkauften arena konzert in 2023 ungewöhnlich viel platz vor der bühne. wir im fotograben wurden angewiesen bitte nur links und rechts am rand zu stehen, da vor allem sänger joe talbot, der zur zeit mit rosa haarpracht unterwegs ist, dafür bekannt ist, vor der bühne zu eskalieren und in die crowd zu springen. das set baute sich aber langsam auf und so kam es zumindest bei uns zu keinen verletzungen, spätestens aber als sich der gitarrist in die menge warf und das publikum zu einem riesen moshpit anstachelte, war vorsicht geboten. wie immer gab es auch viele politische statements zwischen den songs, ein tolles lila kleid getragen von gitarrist mark bowen und einige bühnenrotzer von talbot, also alles, was man sich von einer idles-show wünscht.
meine letzte erinnerung an die „editors“ war nicht so schön: ein ziemlich langweiliges, irre schlecht abgemischtes konzert in der hamburger markthalle, daher war ich sehr gespannt wie sich die band auf dem lido sounds festival schlagen würde. zuallererst: tom smith ist ein wirklich gutes fotomotiv, ich hatte gar nicht alle seine expressions ablichten können, er ist ein mann der 1000 gesichter. auf die altbekannten hits mussten sich die fans nach „every end has a start“ direkt zu beginn noch gedulden. als smith meinen absoluten favorit „smokers outside the hospital doors” in einer (vorerst) akustikversion anspielte, fielen – neben ein paar nostalgie tränen meinerseits – auch die ersten tropfen vom himmel und wir brachten uns spätestens bei „papillon“ weiter hinten in trockene sicherheit. die editors schufen jedenfalls für diesen tag eine gute, sanfte(re) elektronische nische.
als nächstes folgte die band „the libertines„. frontmann pete doherty lebt mittlerweile fernab von drogen- und alkoholmissbrauch zufrieden mit seiner kleinen familie und ich finde, das merkt man ihm einfach auch an. da es inzwischen durchgehend bindfäden regnete, hatte sich eben dieser wie das publikum auch in ein blaues einmal-regencape gehüllt und die band stand leider zum schutz der technik sehr weit hinten auf der bühne – und es war nicht allzu viel bewegung zu sehen (oder möglich). dennoch spielten sie songs vom neuen album „all quiet on the eastern esplanade“ bis hin zu alten brettern wie „dont look back into the sun“ und „music when the lights go out“ ein total ausgewogenes stabiles set, was ich leider wieder früher verlassen musste – auch hier nur sehr sehr ungern.
und dann war es zeit für das finale mit „sam smith„. ich bin erst zur „unholy era“ in smiths fanbase über gegangen und hab sam eher durch das feature mit kim petras wahrgenommen, auch wenn die songs mich natürlich unbewusst seit jahren im radio begleiten. so war ich von mir selbst überrascht, wie viel ich direkt zum anfang mitsingen konnte, als sam das konzert mit dem song „stay with me“ eröffnete. das bühnenbild bestand aus einer riesigen goldenen liegenden statue kannte ich schon aus bildern vom stadthallen konzert 2023. und ich habe mir nach dem lido konzert noch mehr in den allerwertesten gebissen, damals keine karte gekauft zu haben. die ganze show war ein absolutes feuerwerk, beginnend mit einem fackeleinzug der tänzer*innen, die hier auch nochmal ein extra lob bekommen, weil das war wirklich eine high end performance!
sam wechselt während der show regelmäßig die kostüme, vom eher industrial anmutendem bodysuit, über einem schwarzen ballkleid und einer rauschenden regenbogen-robe war alles dabei. dabei wirft smith immer wieder küsse ins publikum, winkt und lacht zurück und grüßt sogar die menschen, die von den angrenzenden balkonen zusehen. alles in allem einfach eine auf gut deutsch gesagt extrem liebe maus. man merkt nicht, dass smith erst am vortag noch die großen bühnen des glastonbury bespielt hat. auch der regen stoppt während der headliner show endlich und die menschen im publikum geraten beim finalen song „unholy“ komplett in extase. ein wirklich gelungenes ende des lido sounds und nicht nur ich gehe mit einem dicken grinsen im gesicht nach hause.