das waves vienna festival hat auch in seiner neunten ausgabe äußerst entzückt: mit tollen künstlern, tollen bühnen und interessierten besuchern war der auftakt an jenem donnerstag abend ein gelungener.
für das diesjährige waves vienna festival hatte ich mir eine ganz andere herangehensweise zurecht gelegt als die jahre davor: 1) extrem gut vorbereiten (ich hatte mir im vorfeld von jedem künstler mindestens einen song angehört und beim anhören schon aussortiert), 2) nur konzerte anschauen, die ich wirklich sehen will, 3) jedes konzert vollständig begutachten und 4) so wenige konzerte wie möglich besuchen.
diese herangehensweise mag im ersten moment sehr komisch klingen, aber sie hatte definitiv seine berechtigung. in den vergangenen jahren war ich permanent gestresst während dem waves vienna festival. ich hetzte von gig zu gig und schnappte nur fetzen auf, statt meine neuentdeckten lieblingskünstler zu genießen. ich glaubte immer, ich müsste alles sehen um „mehr gesehen zu haben“, in wirklichkeit habe ich oft den fokus verloren und manchen künstlern gar nicht die aufmerksamkeit gegeben, die sie eigentlich verdient hätten. dieses jahr war also alles anders, und ich kann schon vorweg sagen: es hat sich so unfassbar gelohnt.
ich steuerte am ersten abend zielgerichtet die open air bühne an: die atmosphäre und der herrschende sound waren der erste grund dort mein festivalerlebnis zu starten, der zweite grund war natürlich die künstlerin „aiko„, die auf meiner agenda stand. definitiv imposant war die stimme der tschechischen sängerin – klar und stark performte sie ihre songs, und nebenbei untermauerte sie ihren gesang auch noch mit beeindruckenden bewegungen. weniger beeindruckend war aber ihr laptop, der für die hintergrundmusik zuständig war – viel besser hätten ihre songs mit einer richtigen band gewirkt, ihre solo-show stumpfte wegen dem technischen bandmitglied leider sehr ab, wirkte sogar fast ein bisschen billig. schade, da wär definitiv mehr drin gewesen.
für den nächsten auftritt suchte ich das wuk foyer auf – das multikulti-duo „atzur„, welches in wien lebt, war nämlich mein nächster programmpunkt. ich war zuerst ein bisschen skeptisch, weil ich nicht glauben wollte, dass die liebgewonnenen songs auch live großartig werden würden. es wäre ja zu schön um wahr zu sein, war mein gedanke.
aber schon nach kurzer zeit war ich nur noch euphorisch: hymnisch, reduziert und kraftvoll schossen mir die nummern entgegen und ich war einfach nur noch fasziniert. die melancholie von lana del rey, die power von florence welch und das gute duo-arrangement war die beste mischung, die ich seit langem erleben durfte. ein song wurde dann auch noch von sängerin patricia in spanisch gesungen und ich war gar nicht mehr zu bremsen: atzur ist meine neue lieblingsband.
ich gönnte mir zwischendurch immer wieder längere pausen um mit freunden zu quatschen und um mich nicht mit musikalischen eindrücken zu überfordern. alles ein bisschen ruhiger angehen lautete meine devise. und wahrscheinlich war genau deswegen das nächste konzert für mich so wunderbar. ich stolperte nämlich ins wuk beisl und traf auf den luxemburger „bartleby delicate„.
der raum war gut voll, viele besucher saßen und lagen auf dem boden um die musik auf sich wirken zu lassen. ich schlich mich langsam nach vorne und ebenfalls platz zu nehmen und um herauszufinden, was das besondere an bartleby delicate war. er fabrizierte mit seinem synthesizer sein musikalisches grundgerüst und legte dann seine stimme über die melodien. heraus kam fast schon meditative folk-ähnliche musik, entspannend, angenehm und zum lieb haben. es war wie eine andere welt zu betreten und sich plötzlich schwerelos zu fühlen. ich war positiv überrascht und überglücklich, dass ich mir dieses konzert herausgepickt hatte. bartleby delicate war ein weiteres highlight, aber auch das publikum, weil es so still und aufmerksam war. es war eine freude teil davon zu sein.
als nächstes zog es mich zur ottakringer stage – zum einen weil ich dem hype folgen wollte, zum anderen weil ich wirklich interesse hatte, „kerosin95“ über die bühne wirbeln zu sehen. als die dame dann vor ihrem publikum erschien, war die stimmung innerhalb kürzester zeit am kochen.
mit ihren rap-texten eckte sie an, mit ihrer musik animierte sie zum tanzen – die frischen hip hop-klänge waren es auch, die die perfekte symbiose mit ihrer singstimme bildeten. es war offensichtlich eine mischung, die bestens funktioniert, weil sie soviel qualität ausstrahlte und weil sie so unglaublich cool rüberkam. ausserdem hatte sie eine grandiose live-band mit an bord – was normalerweise auch eher eine seltenheit bei rappenden künstlern ist. kerosin95 ist das beste, das dem sprechgesang seit langem passiert ist.
zu guter letzt wollte ich auch noch „juicy“ im wuk foyer einen besuch abstatten. ich hatte irgendwie sehr hohe erwartungen an das belgische r’n’b duo, warum weiß aber gar nicht mehr so genau. als ich mich schließlich bis nach vorn zur bühne durchgekämpft hatte, fand ich die beiden frauen zwar sehr cool, aber irgendwie wollte mich ihr sound nicht so ganz packen. sie gingen zwar extrem ab, hüpften sogar runter zum publikum um ihre wilden tänze dort fortzuführen, und trotzdem war mir die musik ein bisschen zu wenig mitreissend. ja, das klingt widersprüchlich, aber irgendwie so hab ich das empfunden.
für mich war meine empfundene widersprüchlichkeit jedenfalls ein zeichen den nachhauseweg anzutreten – highlights gab es für mich ja schon einige, besser hätte der abend nicht mehr werden können. mein erster abend auf dem waves vienna festival war jedenfalls erfolgreich – und meine vorfreude auf den darauffolgenden tag groß!