anmutig tanzten sie im schimmernden nebel: „balthazar“ zelebrierten im flex ein konzert von besonderer ästhetik.

überpünktlich stolperte ich an jenem dienstag abend gemeinsam mit einer freundin ins flex. mit einem getränk in der hand bahnten wir uns den weg nach vorne. die erste reihe war leider bereits besetzt, die zweite reihe aber war noch verfügbar. wir mussten nicht lange warten, relativ rasch durften wir uns schon support-act „faces on tv“ zu gemüte führen. und der überraschte. ob positiv oder negativ, das weiß ich bis heute nicht.

die musik kam weilweise vom plattenspieler, zusätzlich benutzt er seine gitarre und ein aufgebautes trommel-und-effekt-geräte-gebilde um weitere sounds zu erzeugen. und oben drauf noch eine ganz hohe stimme, die beinahe nicht mehr im menschenlichen frequenzbereich war. einen song kannte ich vom radio, der rest war aber zu experimentell um in diesem überhaupt gespielt zu werden, vermute ich. jedenfalls konnte ich „faces on tv“ nicht ganz einordnen. war er einfach ein normaler freak oder doch ein bisschen irre? wir werden es nie erfahren.

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nach einer kurzen umbaupause ging es weiter mit dem hauptprogramm. mit „balthazar“ aus belgien. ich war mir nicht sicher ob ich mich darauf freuen sollte, denn mein lieblingsbalthazar-mitglied patricia stieg vor einer weile aus der band aus. und es erschlich mich tatsächlich ein komisches gefühl, nur männer auf der bühne zu sehen. balthazar war schließlich immer die band für mich, die auch einer frau einen wichtigen platz einräumte. ohne patricia war es für mich jedenfalls nicht dasselbe, soviel stand fest.

als „the boatman“ als zweiter song erklang, fiel mir ein stein vom herzen. ich hatte ein bisschen angst, dass die gruppe nur neue sachen spielen wird. nach diesem kurzen aufatmen, erkannte ich aber bald, dass sich die setlist zum großteil wirklich nur aus songs aus dem aktuellen album „fever“ zusammensetzte. recht glücklich war ich damit nicht. irgendwie fehlte mir beim neueren material die besondere struktur, das leicht klagende, das melancholische. zwar waren die gesänge von maarten devoldere und jinte deprez natürlich nach wie vor tief und todtraurig gefärbt, aber gerade die neueren stücke kamen viel fröhlicher, glatter und ein bisschen austauschbarer um die ecke.

ich fieberte darauf hin, den nächsten alten song zu hören. „blood like wine“, ertönte eine halbe ewigkeit später und war ein bisschen mein rettungsanker im neuen soundmeer. ich wurde einfach nicht warm mit den nummern. naja. aber neben all meinen persönlichen befindlichkeiten: die menge war begeistert. überhaupt die beiden damen in der ersten reihe. neben schreien, hüpfen und sich im selfie-modus mit dem handy filmen hatten die beiden besonders eines sehr drauf: lasziv tanzen. im balthazar-kontext verstand ich das irgendwie gar nicht, aber gut, jeder hat andere assoziationen mit tiefen, düsteren stimmen.

„are you old enough to be here?“ fragte maarten irgendwann eine der jungen damen, und ich persönlich, muss ich zugeben, wäre zu diesem zeitpunkt höchst beleidigt gewesen. nicht aber das mädchen von reihe 1, sie fühlte sich gar geehrt. zumindest machte es den anschein. jedenfalls kam dann der song „changes“ und alles änderte sich im wahrsten sinne des wortes. maarten hüpfte in den zuschauerbereich, sang dort, ging wieder zurück, legte sein mikro samt kabel über die schultern der jungen dame, hüpfte über das geländer und gab ihr einen kuss auf die wange. war das seine entschuldigung wegen der anmerkung? oder wollte er einfach nur ein bisschen mit dem feuer spielen? was auch immer er mit dieser aktion bewirken wollte, es ging wieder auf die bühne und weiter im programm.

„fever“ und „entertainment“ waren die letzten nummern des regulären sets. die band bewegte sich, das licht blitzte, die masse passte sich dem inferno auf der bühne an. es war ein anmutiges, schönes schauspiel, auf der bühne sowie in der menschenmenge. für die zugaben ließen sich „balthazar“ zum glück nicht lang bitten. und zum glück beinhaltete die draufgabe auch noch einen meiner lieblingssongs: „do not claim them anymore“. und so wurde das konzert doch noch zu einem sehr guten, auch wenn ich patricia vermisst hatte und die lasziven mitgröhl-tänzerinnen in der ersten reihe gerne weggezaubert hätte.

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Balthazar, 2019

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