als „and the golden choir“ kürzlich das eher spärlich gefüllte b72 mit musik flutete, stand in manchen momenten die zeit still: so ruhig und zauberhaft ging der auftritt über die bühne und so unglaublich aufmerksam war das publikum.

zur abwechslung war ich an jenem freitag mal richtig motiviert und neugierig auf das abendprogramm: „and the golden choir“ nennt sich das solo-projekt von tobias siebert und weder er, sein solo-projekt noch alle anderen machenschaften sind mir bis dato bewusst untergekommen. es war also zeit, diese wissenslücke zu schließen.

siebert betrat gemeinsam mit seiner band sehr spät das bühnenparkett – als dann aber alle ihre plätze eingenommen hatten, waren zunächst viele blicke richtung frontmann zu vernehmen. siebert, der in berlin lebt, hatte einen mantel mit flamingo-muster an – in berlin wahrscheinlich nicht ungewöhnlich, das konservative wien aber musste den sänger erst einmal von oben nach unten abscannen. als diese hürde geschafft war, startete das publikum sich langsam auf die musik einzulassen – wie ein sumpf, der einen sanft mit seiner weichen und schlammigen konsistenz umschlingt und langsam mitnimmt. mitnimmt in eine andere, wohlig warme aber auch melancholische welt.

war es zu beginn einem gesungenen gebet ähnlich, so ging die dargebrachte musik immer mehr in die richtung „trauriger elektro-pop“, wie sie auch sohn fabriziert und mündete aber in folk-rock-ähnlichen gefielden, die ausgibig in hymnischer melancholie gebadet haben. was mir nicht bewusst war, flüsterte mir ein bekannter zu. er meinte, dass es diesmal wohl ziemlich schwierig werden könnte, alle instrumente zu benennen. und er hatte recht: das zusammengezimmerte tasteninstrument-gebilde war noch harmlos, das hackbrett daneben auch, aber im kontext mit zeitgemäßen sounds hatte ich es noch nie irgendwo auf bühnen gesehen. es waren die xylophon-inspirierten instrumente, die mich faszinierten. einmal für das gemeinsame „draufschlagen“ konzipiert und einmal in hängender form als eine art glockenspiel. bei letzterem wurde dann auch das publikum eingebunden und zum taktgenauen klatschen animiert, jedoch war das mit dem takt nicht wirklich einfach. die unbeholfenheit der anwesenden entlockte der band ein schmunzeln – und das fand ich neben den schweren tönen als willkommene erfrischung.

siebert zeigte zum ersten mal etwas menschlichkeit – weg von trüben, wirren blicken, hin zum vorsichtigen vortasten. zuerst wenig, dann aber gleich mit einer schönen the-cure-anekdote, überraschte uns der sonst eher nicht so redselige sänger. auch dass das wiener publikum so derart still war und völlig bei der sache zu sein schien, lobte er.

„my brothers home“ bohrte sich in meine erinnerung, genauso wie das wunderbare „how to conquer a land“. aber der absolute höhepunkt war trotzdem der song „the rain“ und das schöne mitsingen der menschenmenge. ein gemeinsames lied als abschluss für einen gemeinsamen abend. die zugabe diente noch um langsam wieder raus aus dem trance zu kommen, um langsam zu sich zu kommen und der melancholischen traum-welt ‚auf wiedersehen‘ zu sagen. trotz der geringen anzahl an besuchern war der applaus unglaublich laut und euphorisch. was für ein abend – danke „and the golden choir“!

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