„alice merton“ war am dienstag in einem dünn besiedelten wuk zu gast und versuchte mit ihren pop-songs im gedächtnis der zuschauer zu bleiben – ein schwieriges unterfangen.

als ich die sängerin alice merton zum ersten mal auf dem out of the woods festival sah, war ich begeistert: sie wirkte lustig, spielte ein feines, kurzes festivalset und stach aus der indie-masse mit ihren pop-tunes heraus. ein grund, warum ich beschloss auch ihren gig im wuk zu besuchen. denn wenn sie damals schon gut war, musste sie bei ihrem einzelkonzert ja sensationell abliefern. zumindest dachte ich das.

mit einer handvoll freundinnen platzierte ich mich großzügig im linken bereich des konzertsaales – platz war ja genug. rund um uns ein gemischtes publikum, angefangen von kleinen, herumtollenden kindern bis hin zum ehepaar, das mal wieder ein bisschen rauskommen wollte. und dann kam irgendwann gegen 21 uhr die dame des abends auf die bühne, frau merton, im extravaganten hahnentritt-look.

„hit the ground running“ tönte aus den boxen und gleichzeitig setzten auch theatralische bewegungen der vokalistin ein. große popmusik aus dem stegreif wollte sie präsentieren, riss augen und mund weit auf und ließ uns teilhaben an ihrem stimmvolumen. von null auf hundert, auftauchen aus dem nichts, das war ihre mission. aber: missionen sollte man für sich behalten und nicht in die welt hinausposaunen. alice merton aber sprach wie ein wasserfall, und zwar davon, was sie nicht alles geschafft hatte, und dass sie sich durchgesetzt hatte und sogar die eine oder andere meinungsverschiedenheit mit ihrem produzenten hatte („trouble in paradise“). das ist übrigens ein gutes stichwort, denn von ihrem produzenten schwafelte sie andauernd und schließlich wünschte ich mir sogar, dass sie auf zwischenansagen verzichten würde und sich nur auf ihre songs konzentrieren würde. man muss nämlich nicht alles kommentieren.

ich weiß gar nicht warum mich das so gestört hat, aber irgendwie klang alles, was sie sagte leicht abgehoben und ohne jeglichen humor – und irgendwie vermisste ich ihre (falls jemals vorhandene) witzige bodenständigkeit, oder sowas in der art. aber egal, es war ein konzert und kein stand-up-comedy-programm, also kommen wir wieder zurück zu ihrer musik: ihre vorgetragenen, glatten popsongs wollten hymnisch sein und waren dann doch nur schöne, unauffällige hintergrundgeräusche marke fahrstuhl. so sehr ich ihre stimme mochte, so unscheinbar kam sie mir diesmal vor.

dennoch: für den durchschnittlichen anspruch war das völlig ausreichend, die diva ohne besonderheiten zu sehen, die sängerin ohne ecken und kanten zu begutachten, und innovatives einfach gar nicht fordern zu wollen. klaviereinlagen sollten höhepunkte darstellen, ließen sie aber nur noch mehr untergehen, statt hervorblitzen. songerklärungen hatten meist mit ihrem produzenten zu tun (wichtigstes thema überhaupt bei ihren ansprachen) und dann kam irgendwann ihr hit „no roots“ und sie animierte die anwesenden zum mithüpfen. das war gut und zum ersten mal hatte ich das gefühl, auf einem halbwegs okayen konzert zu sein. aber ein hit kann keine ganze setlist füllen, bespaßen oder retten, ein hit kann nur akuten highlight-bedarf für eine ganz minimale zeitspanne stillen.

ein highlight wäre zum beispiel gewesen, die nächste single live vorzustellen, die sie aber „geheim“ halten wollte um den überraschungseffekt zu erhöhen. eine weitere ankündigung, mit keiner genauen zeitangabe, war ihr anteasern des bevorstehenden albums, welches „endlich“ im herbst erscheinen soll (hmmm, im herbst werde ich wohl gar nicht mehr wissen wer die sängerin ist). und so verging dieses konzert schneller als gedacht, ohne anzeichen von nachwehen (ohrwürmer etc) und jede erinnerung wird sich wohl auch in kürzester zeit in luft auflösen. sorry alice!

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Alice Merton, 2018
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