„alien disko“ nennt sich das seit zwei jahren stattfindende indoor-festival in den kammerspielen in münchen, kuratiert von der deutschen band „the notwist“, um der indie-szene in bayern wieder leben einzuhauchen.

mein langstreckenflug nach new york war ein prägender: die musikauswahl im boardprogramm war wie zugeschnitten auf mich. hängen geblieben ist vor allem die letzte veröffentlichung von the notwist, die ich während meiner flugreise gefühlt in dauerrotation hörte. ebenfalls in meine dauerrotation gelangte das neue projekt des frontmannes markus acher, nämlich „spirit fest“. und wenn ich etwas ununterbrochen höre, muss ich es auch irgendwann live sehen. so ist das bei mir.

aussergewöhnliche titel ziehen mich immer magisch an: als ich von der existenz der sogenannten „alien disko“ wind bekam und „the notwist“ sowie „spirit fest“ im line up aufblitzen sah, war klar dass ich dorthin musste. gesagt, getan. der fernbus setzte mich genau eine stunde vor konzertbeginn in münchen ab, ich huschte schnurstracks durch einen schneesturm zu den münchner kammerspielen und fand mich pünktlichst auf die minute in der ersten reihe wieder.

die kammer 1, der größte raum im veranstaltungskomplex, präsentierte sich so, wie ich es mir erträumt hatte: ein alter, gemütlicher theatersaal inklusive zuschauerbalkon, festlich und doch in einer gewissen weise abgefuckt und abgenutzt. und auch die anwesenden waren so wie ich es erhofft hatte: brillenträger in ausgewaschenen adidas-westen und adidas-schuhen. damen mit pony-frisur und blümchenkleid zu schwarzer strumpfhose und winterboots. ich war im alternative-himmel angelangt. so fühlte es sich zumindest an.

die erste band des abends: die kuratoren höchstpersönlich, nämlich „the notwist„. aufgeregt und glücklich war ich, als sie die bühne betraten. nicht nur weil ich sie endlich sehen konnte, sondern weil ich es bis nach vorne geschafft hatte, trotz zeitlicher knappheit. wahlweise auf alten, klapprigen stühlen oder am boden nahmen die herren platz und begannen auch gleich zu spielen. die ersten nummern waren instrumentale meisterwerke, gespickt mit kleinen melodien und wirren flüssigkeitsvisuals. normalerweise ist so eine art von musik mitsamt dem projizierten bildmaterial ja gar nicht so mein ding, im falle von the notwist ist das aber anders. ich glaube es sind die e-gitarren: die e-gitarren, die nicht als klangteppich sondern als einzelne akzente dienen, und die vielen verschiedenen melodien, die immer an vertraute songstrukturen anstreifen.

genau ein lied wurde auch mit der stimme von herrn acher verziert, ein ruhiges, fast schon meditatives stück. dann kam eine kubanisch angehauchte instrumentalnummer, inklusive dem einsatz von blasinstrumenten. der sound regte zur bewegung an während die visuals die fantasie ankurbelten. vielleicht war es die 6-stündige busfahrt, vielleicht aber auch das gefühl des angekommen-seins, das mich empfänglich für die trance-artige musik machte. am ende wurde remixed und eine noise-explosion fabriziert, die instrumente wurden fast schon massakriert. und dann? dann war es aus, nach gerade mal einer stunde spielzeit. der volle saal bettelte um eine zugabe, markus acher aber wies nur noch auf das weitere programm der alien disko hin. wir nahmen das hin, es war okay, denn: besser eine stunde notwist als gar kein notwist.

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zur garderobe und auf zur kammer 2. um die einzelnen spielstätten zu erreichen musste man sich immer wieder raus in die kälte begeben. aber für die nächste band auf meinem programm tat ich das gerne. also einmal ums eck und dann war ich auch schon angekommen und bereit für „spirit fest„. vorher ging es aber noch zur bar und im hintergrund hörte ich das elektronik-projekt „sculpture„, die mit interessanten mickey-mouse-ähnlichen visuals auftrumpften.

ich saß auf dem boden, gemeinsam mit vielen weiteren, die sehnsüchtigst auf die nachfolgende supergroup warteten. als es dann endlich losging, startete ich vor die bühne, sehr behutsam wohlgemerkt, denn es war ähnlich ruhig und andächtig wie in einer kirche. „spirit fest“ bestehen aus dem japanischen duo „tenniscoats“ sowie aus mitgliedern von „the notwist“, „jam money“ und „joasihno“. allesamt musiker- und innen, denen es förmlich auf die stirn plakatiert ist, wie gern sie zusammen musik machen. verträumt starteten sie, entgegneten relativ zu beginn den song „rain rain“ und legten einen atemberaubenden zauber in die kammer 2.

avantgarde-pop in träumerischen sphären, meistens auf deutsch, manchmal auf japanisch, öfter allein, meistens im duett, sanftes aber bestimmendes gitarrenspiel, ein heller schlagzeugbeat, der alles weitertrug und jede menge weitere instrumente, die dem sound eine einzigartige note verliehen – das präsentierten uns spirit fest. ich wagte kaum zu atmen, weil ich keinen ton der gruppe versäumen wollte. gefangen in der schönheit der lieder, wippten ich und alle anderen anwesenden mit.

neben diesen fesselnden klangstücken war es aber auch vor allem die dame auf der bühne, die japanerin saya ueno, die mit ihrer erfrischenden art alle zum schmunzeln brachte. leises kichern, lustiges herumhüpfen aber gleichzeitig konzentriertes musizieren zeichneten sie aus. sie stellte markus acher und seinen hypnotisierenden gesang fast ein bisschen in den schatten. er wirkte wie der aufpassende opa, der sich am treiben erfreute und auch ein bisschen mitmischte.

ich vergaß alles um mich herum, ich merkte nur noch, wie ich aus diesem wahrgewordenen traum irgendwann aufgeweckt wurde und das umjubelte konzert zu ende ging. meine euphorie war kaum in worte zu fassen – nach dem auftritt musste ich sofort wieder in die kammer 1, denn dort befand sich der merchandise-stand.

mit zwei gekauften platten in meiner tasche entschied ich mich, die alien disko zu verlassen – es konnte einfach nicht mehr besser werden. das angebotene elektronik- und partyprogramm bis in die frühen morgenstunden war für mich als allein-konzertgeher und an diesem abend auch anti-alkoholiker nicht das, was ich noch benötigte – ein spaziergang durch das winterliche münchen mit der destination hostel-bett dann schon eher. es war mir ein fest und zwei tage gefühlt durchgehend im bus zu sitzen waren es auf alle fälle wert.

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